Rücktritt von Secret-Service-Chefin:Und wieder versagt der Staat

Nach peinlichen Pannen bekommt der Secret Service eine neue Führung. Obama kann nun auf besseren Schutz hoffen. Doch die Schlampereien offenbaren, wie schlecht Amerikas Behörden funktionieren - zur Freude der Republikaner.

Von Matthias Kolb, Washington

Wütende Abgeordnete, hämische Medien-Kommentare und Zweifel im Weißen Haus: Julia Pierson musste abtreten. Im Kongress nannten Demokraten und Republikaner die jüngsten Pannen "empörend", "absolut schmachvoll" und "irre". Viele Amerikaner sind es leid, dass staatliche Behörden vor allem durch die schlechte Qualität ihrer Arbeit auffallen.

Fraglos sind die Fehler und Schlampereien, die in den letzten Tagen über die Personenschützer des Secret Service bekannt wurden, extrem peinlich:

Doch US-Präsident Barack Obama dürfte sich nicht nur um seine eigene Sicherheit und um das Wohlergehen seiner Frau und seiner Töchter sorgen. Das Versagen des Secret Service, deren Mitglieder sich gern als "Rockstars ohne Gitarren" bezeichnen, ist nur das jüngste Beispiel in einer langen Reihe von Pannen, für die Amerikas staatliche Behörden verantwortlich sind.

Wenn sich republikanische Abgeordnete nun öffentlich über die Fehler der Secret-Service-Agenten aufregen und sich Sorgen um die Sicherheit des sonst so unbeliebten Präsidenten machen, dann ist das keineswegs nur Polit-Folklore. Viele Kongressmitglieder sind wirklich schockiert. Allerdings betont die New York Times zurecht, dass es den Konservativen gelegen kommt, wenn sich der Eindruck verfestigt, dass in Obamas Weißem Haus wenig fehlerfrei funktioniert.

Warum Amerikas politisches System still steht

Natürlich ist Obama nicht für die Schlampereien seiner Leibwächter zuständig. Doch als Präsident ist er für viele der obigen Pannen seiner Regierung verantwortlich. Und sein abwartender, mitunter schlingernder Kurs in der Weltpolitik festigt nur bei wenigen Bürger das Vertrauen in den Staat: Lediglich 31 Prozent der Amerikaner unterstützen Obamas außenpolitische Entscheidungen.

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Sucht einen neuen Chef für den Secret Service - und eine Lösung für viele andere Probleme: US-Präsident Barack Obama (im Hintergrund ein Agent des Secret Service)

(Foto: AFP)

Ein entscheidender Grund für das ständige Versagen der amerikanischen Institutionen liegt aber auch darin, dass in Washington nichts vorangeht und sich Demokraten und Republikaner gegenseitig blockieren. Wichtige Investitionen in Infrastruktur (überall in den USA gibt es marode Brücken und Highways voller Schlaglöcher) bleiben ebenso aus wie eine Debatte über die Zukunft der Sozialsysteme oder den Abbau der Staatsschulden. Vorausschauende, bürgernahe Politik ist kaum möglich, wenn jede Partei nur an die Interessen ihrer Kernklientel denkt (mehr über die drängendsten Probleme der USA in dieser Süddeutsche.de-Analyse).

Regierung als Problem

Knapp fünf Wochen vor den Kongresswahlen ist es für die Demokraten ausgesprochen schädlich, wenn Medien und Bürger über das Versagen von Behörden diskutieren. Denn die Mitglieder - und die Politiker - von Obamas Partei sind davon überzeugt, dass sich durch "mehr Staat" und den Einsatz von Steuergeldern das Leben vieler verbessern lässt.

Diese Überzeugung würden sicher mehr Amerikaner annehmen, wenn der Staat und dessen Angestellte bessere Arbeit abliefern würde. Und so freuen sich vor allem die Republikaner, die ständig ihr Idol Ronald Reagan zitieren. Dieser hatte 1981 erklärt: "Die Regierung ist nicht die Lösung für unser Problem, sie ist das Problem."

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