Röttgen wird Chef der NRW-CDU:Der Verstands-Vorsitzende

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Das Windrad hat gegen das Minarett gewonnen: Norbert Röttgen steht an der Spitze der CDU im Westen, doch das Herz der Partei muss er noch erobern.

Bernd Dörries

Das Windrad hat gewonnen gegen das Minarett. Der Witz macht derzeit die Runde in der CDU in Nordrhein-Westfalen. Er trifft die Sache ganz gut, weil es ja keine großen inhaltlichen Unterschiede gab zwischen dem Umweltminister Norbert Röttgen und dem ehemaligen Integrationsminister Armin Laschet. Die CDU-Mitglieder haben Röttgen zum Landeschef gewählt, vielleicht nicht, weil sie ihn für symphatischer halten, sondern weil er auf sie wohl eher den Eindruck gemacht hat, dass er die Macht im Land für sie zurückholen kann. Manche sprachen von Röttgen als dem gefühlten Bundeskanzler, zumal er schon etwas überheblich wirkt. Der Gegenkandidaten Laschet aber war wohl einfach zu filouhaft, zu nett. Mit dem einen gewinnt man vielleicht die Wahl, mit dem anderen trinkt man lieber ein Bier.

Die CDU-Mitglieder haben Norbert Röttgen zum Landeschef in Nordrhein-Westfalen gewählt. (Foto: dpa)

Röttgen hat mit seiner Wahl noch nichts gewonnen, die CDU ist nach nur fünf Jahren an der Macht wieder in der Opposition gelandet. Er muss zeigen, ob es einen Weg zurück gibt. Im parteiinternen Wahlkampf haben sie in der CDU viel vom Mythos des tiefroten Bundeslandes Nordrhein Westfalen gesprochen, davon, dass es eine Zeit gab vor den 38 sozialdemokratisch regierten Jahren. Sie haben sich Hoffnung gemacht mit der Erinnerung an eine Zeit, in der die CDU die betriebliche Mitbestimmung einführte, eine Partei war, die gut mit den Menschen umging.

Der Wähler ist nicht gut umgegangen mit der CDU, so haben es viele in der Partei nach der Niederlage im Mai empfunden. Die Selbstkritik hielt sich in Grenzen. Das Votum für Röttgen ist ein Signal, dass man einen klaren Neuanfang wünscht, einen Vorsitzenden von außen, der mit den Machenschaften aufräumt, den Intrigen gegen Freund und Feind, mit dem System Rüttgers.

Röttgen steht aber auch vor dem Problem, dass er ja mit den Leuten weitermachen muss, die sich nun als Verlierer fühlen. Mit Laschet und seinen Unterstützern. Röttgen erhielt die Stimmen der Basis, nicht die der Funktionäre. Er siegte auch gegen weite Teile der Hierarchie. Er spürte, dass viele für Laschet waren, nur weil sie ihn, Röttgen, nicht ausstehen konnten. Er muss nun aufpassen, dass auf Dauer keine Lager entstehen. Man konnte am Sonntag schon sehen, mit welch gebremster Euphorie er seinen Sieg kommentierte. Viel ist noch nicht gewonnen. Gewinnt er Nordrhein-Westfalen für die CDU, dann ist für ihn alles möglich. Röttgen geht in die Provinz, damit er in Berlin Kanzler werden kann.

Es wird wohl noch ein bisschen dauern, bis Röttgen gegen Hannelore Kraft antreten kann. Bei CDU wie SPD hält sich der Wunsch nach Neuwahlen in Grenzen. Die Sozialdemokraten in Düsseldorf freuen sich über die Wahl Röttgens. Sie wollen ihm den Ausstieg aus dem Atomausstieg um die Ohren hauen und die ganzen anderen bundespolitischen Themen, sobald er sich in Düsseldorf zu Wort meldet. Für Norbert Röttgen geht es jetzt erst los.

© SZ vom 02.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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