Religion:Gemeinsame Thesen

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Applaus für die Ökumene: Jerry Pillay, der scheidende Präsident der reformierten Weltgemeinschaft. (Foto: Rolf Zoellner/imago)

Die evangelischen Kirchen rücken beim Treffen der Weltgemeinschaft der reformierten Kirchen enger zusammen und feiern einen "historischen Tag".

Von Matthias Drobinski, München

Es war eine Woche mit kirchenhistorischer Bedeutung: Die Weltgemeinschaft der Reformierten Kirchen traf sich bis zum Freitag in Leipzig zur Generalversammlung, und am Mittwoch machten sich die Vertreter der 80 Millionen reformierten Christen in der Welt auf den Weg nach Wittenberg, wo einst Martin Luther lebte und lehrte.

Über Jahrhunderte hatten die Nachfahren der Schweizer Reformatoren Jean Calvin und Huldrych Zwingli mit den Erben Luthers gestritten - ob Jesus beim Abendmahl real anwesend ist (Lutheraner) oder nur symbolisch (Reformierte), ob es in Kirchen Bilder geben darf (Lutheraner) oder nicht (Calvinisten und Zwinglianer); erst in den Siebzigerjahren beendeten sie den Abendmahlstreit. Nun unterschrieben die Vertreter der einst feindlichen Geschwisterkirchen - vor dem prachtvoll bemalten Cranach-Altar der Stadtkirche - ein "Wittenberger Zeugnis", in dem sie sich zur engen Zusammenarbeit verpflichten und zum gemeinsamen Einsatz für eine gerechtere Welt.

Die Reformierte Weltgemeinschaft trat zudem der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" bei, die 1999 der Lutherische Weltbund mit der katholischen Kirche vereinbart hatte. Mit dieser Erklärung beendeten Katholiken und Lutheraner den Streit, ob gute Taten den Menschen in den Himmel bringen oder nicht doch letztlich allein die Gnade Gottes. Ein "historischer Tag", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm. Martin Junge, der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, erinnerte daran, dass ein solch weitgehender Konsens vor fünf Jahren kaum denkbar gewesen sei - das Reformationsjahr 2017 hat auch die innerevangelische Ökumene vorangebracht, und wie selbstverständlich nahmen an der feierlichen Unterzeichnung Vertreter der römisch-katholischen und der altkatholischen Kirche teil, der Methodisten, Mennoniten und der orthodoxen Kirche.

Zum Abschluss ihres Treffens wählten die 300 Delegierten aus den 123 Mitgliedskirchen die libanesische Pfarrerin Nalja Kassab zur neuen Präsidentin der reformierten Weltgemeinschaft, der in Deutschland 350 000 Christen angehören, die überwiegend Mitglied der evangelisch-reformierten Kirche und der lippischen Landeskirche sind. Nalja Kassab folgt auf den südafrikanischen Pfarrer Jerry Pillay; ihre Amtszeit beträgt sieben Jahre. Sie repräsentiert auch die vom Bürgerkrieg betroffenen evangelischen Kirchen in Syrien - und wurde erst im März zur Pfarrerin ordiniert: Ihre Kirche hatte erst im Januar die Frauenordination eingeführt.

© SZ vom 08.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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