Puigdemont:Verdünntes Recht

Wenns um Auslieferungshaft geht, ist das deutsche Gesetz nicht penibel.

Von Heribert Prantl

Wenn es um Haft geht, ist das deutsche Recht richtigerweise sehr penibel; die Regeln sind streng und klar. Das gilt für die Untersuchungshaft, das gilt für die Strafhaft. Für die Auslieferungshaft gilt das leider nicht. Das deutsche Gesetz über den Europäischen Haftbefehl ist handwerklich schlecht; und daran hat eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2005 nichts geändert. Das Motto bei der Vollstreckung der Haftbefehle anderer Staaten in Deutschland lautet: Wird schon irgendwas dran sein, wird schon irgendwie stimmen. Aber so ein Irgendwie-Motto ist kein rechtsstaatliches Motto.

Die Fragen des Auslieferungsrechts sind komplex. Es wäre geboten, dass der Beschuldigte einem wirklich entscheidungsbefähigten Gericht vorgeführt wird - einem Richter/einer Richterin, der oder die nicht nur einmal im Leben mit solchen Fällen zu tun hat. Aber so ist das im deutschen Gesetz nicht geregelt. Es entscheidet in erster Instanz das Amtsgericht. Der Richter dort kennt sich zwar gut aus mit normalen Straf- und Haftsachen. Aber die Prüfung eines Europäischen Haftbefehls ist nicht sein Metier. Es wäre gut, wenn solche Prüfungen bei einem oberen Gericht konzentriert wären. Das entscheidet aber derzeit erst dann, wenn der Beschuldigte schon wochenlang hinter Gittern sitzt.

Das ist nicht angemessen, das entspricht nicht gebotener Sorgfalt. Auslieferungsrecht darf kein verdünntes Recht sein. Der Fall Puigdemont sollte Anlass sein, das zu ändern.

© SZ vom 29.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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