Proteste in der Ukraine:Folteropfer Bulatow will offenbar nach Deutschland

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Regierungsgegner Bulatow (li.) gemeinsam mit Oppositionsführer Klitschko bei einer öffentlichen Protestaktion im Januar. (Foto: dpa)

Die Bilder des schwer misshandelten Ukrainers Dmitrij Bulatow gingen um die Welt. Noch immer befindet sich der Aktivist in medizinischer Behandlung. Einem Medienbericht zufolge hat Bulatow nun vor, nach Deutschland auszuwandern. Indes fordert die EU eine Verfassungsreform in der Ukraine.

Er war eigenen Aussagen zufolge am 22. Januar verschleppt, mehrere Tage lang gefoltert und schließlich in einem Waldstück ausgesetzt worden. Dmitrij Bulatow, ukrainischer Aktivist und Freund des Oppositionsführers Klitschko, befindet sich noch immer in medizinischer Behandlung in Litauen.

Nun beabsichtigt Dmitrij Bulatow einem Pressebericht zufolge, nach Deutschland gehen zu wollen. Der 35-Jährige wolle bei seinen Eltern im westfälischen Hagen leben, berichtete die Rheinische Post.

Die Zeitung bezieht sich nach eigenen Angaben auf ein Schreiben des Vorsitzenden der Jugendorganisation der europäischen Konservativen, Benedict Pöttering, an Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). In dem Schreiben bittet Pöttering Steinmeier demnach, sich für die Einreise Bulatows und ein Bleiberecht einzusetzen. "Ihm ist sehr daran gelegen, ein Land zu finden, in dem er sich mittel- und gegebenenfalls auch längerfristig aufhalten kann, bis es ihm die politische Lage in der Ukraine erlaubt zurückzukehren", so Pöttering in seinem Brief.

Den Wunsch, in Deutschland zu leben, habe Bulatow in einem Telefonat mit Pöttering geäußert, heißt es der Zeitung zufolge in dem Schreiben. Bulatow, der eine führende Rolle bei den Protesten gegen die ukrainische Regierung spielt, wurde nach eigenen Angaben am 22. Januar verschleppt und anschließend gefoltert. Die ukrainische Regierung hatte zuvor wegen des Verdachts der "Organisation massiver Unruhen" nach ihm gefahndet.

Steinmeier sieht zu EU-Sanktionen keinen Anlass

In Brüssel trafen sich indes die EU-Außenminister, um über die Lage in der Ukraine zu sprechen. In einer Erklärung fordern sie eine neue Regierung, eine Verfassungsreform sowie freie und faire Präsidentenwahlen. Die Ukraine solle sich zudem internationaler Möglichkeiten zur Krisenbewältigung bedienen. Organisationen wie der Europarat, die OSZE oder die Vereinten Nationen könnten helfen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, zu EU-Sanktionen gegen die Regierung in Kiew gebe es derzeit keinen Anlass. Dies könne sich aber ändern, falls der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch die Gespräche mit der Opposition blockiere. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht im Augenblick keinen Grund für Zwangsmaßnahmen. Das Thema stehe derzeit "nicht auf der Tagesordnung", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Ziel der Bundesregierung bleibe eine friedliche Lösung.

Zu möglichen Finanzhilfen zur Unterstützung der Reformen in der Ukraine sagte Steinmeier, dass die EU in keinen Bieterwettbewerb mit Russland treten werde. "Es geht darum, ob es Hilfen geben kann, die zur Stabilisierung der ukrainischen Wirtschaft führen können." Die EU werde das allein aber nicht schultern können. "Wir werden dazu die Hilfe des Internationalen Währungsfonds brauchen."

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton arbeitet momentan an einem Plan, gemeinsam mit den USA und mit Hilfe des Internationalen Währungsfonds (IWF) ein wirtschaftliches Hilfsprogramm für die Ukraine zusammenzustellen. Dies müsse allerdings "im Einklang mit den üblichen Bedingungen" stehen, um einen dauerhaften Weg aus der Wirtschaftskrise zu finden. Die Ukraine hat bisher alle Forderungen des IWF nach tiefgreifenden Reformen ihrer Wirtschaftspolitik abgelehnt.

© Süddeutsche.de/afp/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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