Proteste in der Türkei:Wieder Verletzte nach Polizeigewalt

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Innenstadt von Istanbul: Erneut kommt es zu Zusammenstößen zwischen regierungskritischen Demonstranten und der Polizei. (Foto: AFP)

Die Istanbuler Polizei hat wieder Wasserwerfer und Tränengas gegen Demonstranten eingesetzt. Hunderte Menschen versuchten am Abend, auf den zentralen Taksim-Platz zu gelangen - sie wollten gegen die Verhaftung prominenter Aktivisten protestieren. Auch in der Hauptstadt kam es zu Gewalt.

Auch wenn die Proteste nicht mehr das Ausmaß wie Anfang Juni annehmen: In der Türkei kommt es weiter zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Über Twitter und andere soziale Netzwerke berichteten Aktivisten von vielen Verletzten, im südostanatolischen Hatay, in Ankara und in Istanbul wurden Kundgebungen gewaltsam aufgelöst.

Die Polizei ist in der türkischen Metropole Istanbul erneut mit Wasserwerfern und Reizgas gegen Demonstranten vorgegangen. Die Beamten feuerten auch Gummigeschosse auf die etwa 1000 Menschen, die am Samstagabend versuchten, auf den zentralen Taksim-Platz zu gelangen.

Vor allem der auf den Platz führende Istiklal-Boulevard versank in einer Wolke von Tränengas. Neben den Demonstranten flohen auch viele Touristen verschreckt in die Seitenstraßen.

Auf Fotos, die der türkische Fernsehsender Ulus TV auf Facebook veröffentlichte, waren mit Holzknüppeln bewaffnete Männer zu sehen, die in der Nähe des Taksim-Platzes Journalisten und Demonstranten angriffen. Dabei handelte sich vermutlich um Unterstützer von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Der konservativ-islamische Regierungschef und einige Minister seines Kabinetts hatten in den vergangenen Wochen mehrfach Demonstranten und Journalisten als "Provokateure und Putschbefürworter" bezeichnet.

Auch in Ankara gab es offenbar Verletzte. Blogger riefen dazu auf, Ärzte zum Kugulupark zu schicken. Allein dort sollen 100 Demonstranten verletzt worden sein.

Hintergrund der Demonstration war die Verhaftung prominenter Aktivisten der seit Wochen andauernden regierungskritischen Proteste. Den mittlerweile wieder freigelassenen Demonstranten drohen Prozesse wegen der angeblichen Gründung einer terroristischen Vereinigung.

Die Aktivisten berichteten nach ihrer Freilassung von Misshandlungen durch die Polizei. Die Präsidentin der Istanbuler Architektenkammer, Mücella Yapici, hatte am Freitag auf einer Pressekonferenz erklärt, sie habe sich in Untersuchungshaft einer demütigenden Leibesvisitation unterziehen lassen müssen, und die Polizei habe der Diabetikerin ihre lebenswichtigen Medikamente erst nach Stunden gegeben.

Die landesweiten Proteste hatten sich Ende Mai an Regierungsplänen entzündet, den Gezi-Park am Taksim-Platz zu bebauen. Sie richten sich inzwischen vor allem gegen den autoritären Regierungsstil der Regierung um Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan.

© Süddeutsche.de/dpa/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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