Profil:Wole Soyinka

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(Foto: Thomas Samson/AFP)

Literaturnobelpreisträger, jetzt in Südafrika im Exil vor Donald Trump.

Von Bernd Dörries

Unter jenen, mit denen sich Wole Soyinka im Laufe seines Lebens so angelegt hat, ist US-Präsident Donald Trump ein kleiner Fisch. Zumindest im Vergleich zu den Militärdiktatoren, die Soyinka in Isolationshaft warfen, ihm den Pass wegnahmen und ihn zum Tode verurteilten. Die USA gaben dem nigerianischen Literaturnobelpreisträger 1994 eine Greencard, die Eintrittskarte in ein sicheres Exil. Jetzt ist ihm das Exil nicht mehr geheuer, Soyinka zieht nach Südafrika.

"Der große Horror war es, diese Hunderttausenden zu sehen, die (Trump) applaudieren. Da sagte ich mir: Hier will ich nicht mehr leben", sagt Soyinka. Es war ein reiches Leben in den USA, er hat in Harvard, Yale und Cornell gelehrt, war an der New York University Scholar in Residence. Und jetzt? "Trumps Mauern werden schon gebaut, in den Köpfen, und Trump zieht Mauern hoch im Bewusstsein des Landes, der ganzen Welt", sagt Soyinka.

Früher hat er gegen Mauern gekämpft, hat als writer/fighter gegen sie angeschrieben. Heute ist das Exil vom Exil vielleicht auch ein kleiner Selbstschutz. Der Löwe von Lagos, wie sie ihn in seiner Heimat nennen, ist nicht mehr der Jüngste, 82 Jahre alt. Seine Greencard wollte er eigentlich zerreißen, doch dann machten die Finger nicht mehr mit. "Wolexit", nennt er seinen Schritt. Einen Entschluss, dem bisher kaum andere Künstler gefolgt sind.

Wole Soyinka wird es nicht stören, er will nicht zu einem Boykott aufrufen. Es ist nicht sein Land, nicht sein Kampf. Mit einer Heimat wie Nigeria hat man schon genug um die Ohren.

Der Sohn eines Volksschullehrers studierte während der Kolonialzeit in England und beteiligte sich nach seiner Rückkehr am Widerstand gegen die Briten. Er machte Theater, schrieb Lyrik und Prosa. Im Jahr 1965 wurde er wegen missliebiger Radiosendungen vom Militärregime eingesperrt, zwei Jahre später wegen angeblicher Komplizenschaft mit den Biafra-Rebellen in Isolationshaft gesteckt.

So ähnlich ging das viele Jahre weiter, er ging ins Exil, kehrte zurück, gründete Oppositionsparteien und schrieb gegen die Verhältnisse an. Er wurde zum "Gewissen der Nation", zu einem politischen Schriftsteller, der die Lage der Menschen verändern will. Der aber auch froh war, dass nicht alle Schreiber so waren wir er. "Ich bin ja auch Leser, und ich möchte nicht nur engagierte Literatur lesen. Das wäre furchtbar langweilig."

Langweilig wird es mit Soyinka nie, "The Burden of Memory", sein Werk von 2010, führte zu einer Debatte, ob und wie Afrika für Kolonialismus und Sklavenhandel entschädigt werden sollte. Wahrheit, Wiedergutmachung und Versöhnung waren sein Vorschlag. Um diese Trias geht es nun auch in Südafrika, der neuen Heimat. Er wird in Johannesburg lehren und soll dabei helfen, eine Universität aus weißen und schwarzen Vorgängerinstitutionen zusammenzuführen. Darauf hat er mehr Lust als auf Trump.

© SZ vom 04.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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