Profil:Tohru Nakamura

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Tohru Nakamura: Koch aus München, dem der Guide Michelin nun den zweiten Stern gibt. (Foto: AFP)

Koch aus München, dem der Guide Michelin nun den zweiten Stern gibt.

Von Franz Kotteder

Küchenkarrieren nehmen oft seltsame Wege. Sie folgen manchmal Trends, die schon zehn Jahre später nichts mehr wert sind, sie machen Köche zu Künstlern, von denen man nach nicht allzu langer Zeit sagt: "Na ja, das braucht man jetzt nicht mehr."

Tohru Nakamura hat eine erstaunliche Küchenkarriere hingelegt. Der gebürtige Münchner, Sohn einer Deutschen und eines Japaners, lernte sein Handwerk im Restaurant des Münchner Luxushotels Königshof. Das gehört der altehrwürdigen Hoteliersfamilie Geisel, die ein Faible hat für gehobene Gastronomie, und obendrein den Ehrgeiz, diese zu fördern. Viele Sterneköche gingen nicht zufällig aus dem Umkreis der Geisel-Brüder hervor. Und wenn es Skandale gibt im Zusammenhang mit der alljährlichen Verleihung der Michelin-Sterne, dann vor allem den einen, dass der Königshof-Küchenchef Martin Fauster regelmäßig nur einen verliehen bekommt. Es gibt keinen Sternekoch in Deutschland, der das versteht. Aber: Ist halt so.

Tohru Nakamura ist auch ein Fauster-Schüler. Und er schwärmt immer noch davon, was der ihm ermöglicht hat. Letztlich eben auch, den Werneckhof in München-Schwabing zu übernehmen, ein gehobenes Restaurant im Portfolio der Familie Geisel. Das war schon immer ein Lokal für die besseren Kreise. Aber so, wie man es im saturierten München eben gerne hat: Kochkunst schon, aber nicht zu versponnen. Hohe Qualität, aber so, dass man auch noch satt wird.

Im April 2013 übernahm dann Tohru Nakamura, damals 29 Jahre alt, den Werneckhof als Chefkoch, und er krempelte das Restaurant um. Radikal wäre zu viel gesagt. Aber es war klar, dass es in Richtung Sternegastronomie gehen sollte. Sein Chef Fauster und die Geisels hatten ihn zum Dreisternekoch Joachim Wissler geschickt und nach Holland zu Sergio Herman, vielleicht einem der größten Köche überhaupt. Und auch ein längerer Aufenthalt in Japan war drin.

Die Herkunft und der Name, das steht ja sowieso schon für Weltläufigkeit und den Fusionsgedanken, der in der Haute Cuisine sehr in Mode ist. Nakamura findet das ein bisschen lustig - wenn man im südöstlichen Münchner Vorort Baldham aufgewachsen ist, relativiert sich das alles ja dann doch ein bisschen; man ist dann halt ein ganz normaler Oberbayer. Allerdings mit einem gewissen Gespür für Aromen und wie man sie hervorkitzeln kann, wenn sie auf den Gaumen treffen. Denn das ist die große Qualität des Kochs Tohru Nakamura. Er legt großen Wert darauf, mit welchen Ausgangsmaterialien er arbeitet.

Das ist noch nichts Besonderes für Sterneköche; da ist immer erste Klasse gefragt. Aber Nakamura versteht es, die erstklassige Ware zu kombinieren mit Gewürzen und Kräutern, die dem Gericht einen neuen Kick verleihen, ohne ihm die Eigenheit zu rauben. Und er ist immer wieder begeistert, wenn er Neues entdeckt. Das ist wirklich große Kochkunst.

Ein bisschen erstaunlich ist nur, dass die Tester des deutschen Guide Michelin ihm schon drei Jahre nach dem ersten Stern den zweiten verliehen haben. Denn bei aller Konsequenz und Ernsthaftigkeit, die man Nakamura attestieren muss: Es gab in drei Jahren auch Durchhänger in seiner Küche, die keinen Stern wert waren. Andere, denen das passiert, sind ihre Auszeichnung sofort los.

Aber das sind die Ungerechtigkeiten, die im Zusammenhang mit Gastro-Bewertungen in der obersten Klasse nun einmal vorkommen. Nakamura profitiert zwar sicher einerseits von dem derzeit herrschenden Trend, asiatische Küche mit der französischen Klassik zu verbinden. Aber das ist bei ihm keinesfalls Kalkül, dafür ist er zu bescheiden und selbstbewusst zugleich. Zwei Eigenschaften, die bei allen Arten von Handwerk nicht verkehrt sind und nicht zu schlechtesten Ergebnissen führen. In der Küche schon zweimal nicht.

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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