Profil:Theresa May

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Theresa May, hartnäckige Anwärterin auf das Amt der britischen Premierministerin. (Foto: AFP)

Hartnäckige Anwärterin auf das Amt einer britischen Premierministerin.

Von Alexander Menden

Wenn man Theresa Mays Image kurz zusammenfassen müsste, würden drei Wörter genügen: kompetent, ernsthaft, langweilig. So zumindest ist die 59-Jährige bisher in den britischen Medien meist dargestellt worden. Das zeigt vor allem, dass May trotz ihrer beeindruckenden politischen Karriere noch immer von vielen unterschätzt wird. Allein der Umstand, dass sie sich als Innenministerin sechs Jahre im Amt gehalten hat, gibt einen Hinweis darauf, mit welch einer hartnäckigen Politikerin sich die übrigen Kandidaten für das Amt des konservativen Parteivorsitzenden nun werden messen müssen.

Es war bemerkenswert, dass diese stets reserviert auftretende Frau bei der Verkündung ihrer Kandidatur auf ihre Herkunft zu sprechen kam: "Ich wuchs als Tochter eines Geistlichen und als Enkelin eines Hauptfeldwebels auf. Der Öffentlichkeit zu dienen, ist ein Teil von mir gewesen, so lange ich denken kann." May betonte, dass sie "keine Politikerin für die große Show" sei, nicht durch die Fernsehstudios toure oder die Bars des Parlaments frequentiere: "Ich trage nicht oft das Herz auf der Zunge, ich mache einfach den Job, der ansteht." So zeichnete May ein Bild von sich, das der Gegenentwurf zu jenem Politikertyp ist, den der an den eigenen Ambitionen gescheiterte Boris Johnson verkörpert. Die Zeit für Show ist vorbei, sollte das heißen. Jetzt kommt die Arbeit - und dafür bin ich die Richtige.

Tatsächlich kann man über die 1956 als Theresa Mary Brasier in Eastbourne geborene anglikanische Pastorentochter wenig Aufschlussreiches sagen, das über ihre politische Arbeit hinausgeht. Seit 1980 mit dem Banker Philip May verheiratet und kinderlos, gibt sie als ihre Hobbys Kochen und Wandern an; zudem ist sie eine praktizierende Christin. 2012 wurde Diabetes Typ 1 bei ihr diagnostiziert. Das sei "ein Schock" für sie gewesen, gestand sie, und gab damit ausnahmsweise Einblick in ihre Befindlichkeit. Mays Reaktion auf die Erkrankung aber war typisch: "Kopf runter und weitermachen!"

Theresa May durchlief das staatliche Schulsystem - das unterscheidet sie von den meisten prominenten Tory-Politikern. Sie studierte bis 1977 Geografie in Oxford, arbeitete bis 1983 für die Bank of England und von 1985 bis 1997 als Finanzberaterin. 1997 wurde sie erstmals als konservative Abgeordnete für Maidenhead ins britische Unterhaus gewählt. 2010 berief David Cameron sie als Innenministerin der konservativ-liberaldemokratischen Koalition. In diesem Amt hat sie vereinzelt liberale Positionen vertreten, so war sie früher als die meisten ihrer Parteifreunde für die gleichgeschlechtliche Ehe. Insgesamt aber hat sie einen Hang zum Autoritären an den Tag gelegt.

Bei einer Tagung der Polizeigewerkschaften drohte sie, wenn diese nicht zu Reformen bereit seien, werde sie sie dazu zwingen. Doch obwohl sie als detailversessen gilt, unterlief ihr beim konservativen Parteitag 2011 ein viel beachteter Fauxpas: May behauptete, wegen der Europäischen Menschenrechtskonvention habe sie einen Ausländer ohne Aufenthaltsgenehmigung nicht ausweisen können, weil er eine Hauskatze in Großbritannien besaß - diese Geschichte stellte sich als falsch heraus.

Während der Brexit-Kampagne warb sie loyal auf David Camerons Seite für den Verbleib in der EU. Jetzt aber hat Theresa May klargemacht: "Brexit heißt Brexit. Wir dürfen weder versuchen, in der EU zu bleiben, noch uns ihr durch die Hintertür wieder anzuschließen, und es darf auch kein zweites Referendum geben." May hat verdeutlicht, dass sie, sollte sie die zweite weibliche Premierministerin nach Margaret Thatcher werden, nicht gewillt ist, dem Drängen der EU auf eine schnelle Implementierung des Austritts-Artikels 50 nachzugeben. Das werde sie erst tun, wenn die britische Ausstiegsstrategie "vollkommen klar sei". Sollte Theresa May sich als Kandidatin durchsetzen, stehen den EU-Unterhändlern zähe Verhandlungen bevor.

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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