Profil:Theo Zwanziger

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(Foto: Martin Hoffmann/imago)

Der streitbare Ex-Präsident des Deutschen Fußball-Bundes kämpft um seine Ehre.

Von Ralf Wiegand

Gerade für Theo Zwanziger muss es besonders schmerzhaft sein, in einem Steuerermittlungsverfahren als Angeklagter geführt zu werden. Möglicherweise ist es ihm auch einfach nur peinlich: Zwanziger hat sich ja sein halbes Leben lang mit Steuern beschäftigt, und zwar mutmaßlich ausschließlich mit deren korrekter Deklarierung. Er ist ausgebildeter Steuerinspektor, hat über Steuer- und Verfassungsrecht promoviert - wodurch aus ihm jener Dr. Theo Zwanziger wurde, als der er bekannt wurde - und er war zwischenzeitlich als Verwaltungsrichter eines Abgabensenats tätig. Steuern pflastern seinen Weg.

Ausgerechnet er soll nun mitverantwortlich sein, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) eine Zahlung von 6,7 Millionen Euro nach Ansicht der Steuerbehörden (und jetzt auch der Staatsanwaltschaft Frankfurt) falsch verbucht hat, die im Zuge einer möglichen Korruptionsaffäre um die Fußball-WM 2006 in Deutschland getätigt wurde. Zwanziger, heute 72 Jahre alt, führte den DFB von 2006 bis 2012 als Präsident. Sein späterer Nachfolger Wolfgang Niersbach, der damalige Generalsekretär Horst R. Schmidt und der frühere Generalsekretär des Weltfußballverbandes Fifa, Urs Linsi, finden sich ebenfalls als Beschuldigte in der Anklageschrift. Vorwurf: Steuerhinterziehung.

Zwanziger hat schon bei früheren Anlässen bewiesen, dass er bereit ist, um seine Integrität zu kämpfen, vor allem mit gerichtlichen Mitteln. Das Recht ist sein Kampfgebiet, als ehemaliger Richter. Die mehr als zwei Jahre langen Ermittlungen in der sogenannten 2015 vom Spiegel aufgedeckten "Sommermärchen"-Affäre haben ihn gedemütigt, er verklagte etwa die einst vom DFB für die externe Aufarbeitung des Skandals engagierte Kanzlei, weil ihr Bericht seiner Meinung nach und seine Person betreffend einen falschen Eindruck erwecken könnte. Auch das Land Hessen hat er verklagt, wegen der Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft. Bei deren nun fertiggestellter, 144 Seiten dicker Anklage handle es sich, so Zwanziger nun, "um blinden Aktionismus". Er habe keine Veranlassung gehabt, den ohnehin reichen DFB durch Steuerhinterziehung noch reicher zu machen.

Zwanziger geht es um seinen Ruf, das ist unschwer zu erkennen. Gerade in den bekannt tiefen und weitläufigen Sümpfen der Sportpolitik ist Untadeligkeit ein hohes wie seltenes Gut. Da soll auch nach Ende der Funktionärskarriere und einer sechsjährigen Amtszeit an der Spitze des größten Sportfachverbandes der Welt nichts hängen bleiben. Auch deshalb hat sich Zwanziger etwa über eine Formulierung in einem Internetblog jahrelang mit dem Autor vor Gericht und öffentlich gestritten. Der Journalist hatte ihn einen "unglaublichen Demagogen" genannt, was der ehemalige CDU-Politiker, einst Regierungspräsident in Rheinland-Pfalz, als hetzerisch verstand. Er werde seine "persönliche Ehre nicht auf dem Altar des Amtes opfern", sagte er damals.

Auch durch seine bisweilen als rechthaberisch empfundene Art (Zwanziger: "Ich bin kein Prozesshansel") ist die Bilanz seiner Regentschaft als oberster aller deutschen Fußballer schlechter ausgefallen, als das hätte sein müssen. Zwanziger hat den Verband zweifellos gesellschaftlich relevanter gemacht und ihn für Debatten über Homophobie oder Integration geöffnet. Er förderte den Frauenfußball, lange ein Stiefkind des DFB, und er hielt eine sehr bemerkenswerte Rede anlässlich des Todes von Robert Enke. Der Torwart der DFB-Auswahl hatte sich im November 2009, getrieben von Depressionen, das Leben genommen, Zwanzigers Rede anlässlich einer Trauerfeier im Fußballstadion von Enkes Verein Hannover 96 war eindringlich. "Fußball ist nicht alles", sagte er damals, "denkt nicht nur an den Schein. Denkt auch an das, was in den Menschen ist, an Zweifel und Schwäche." Man darf sicher sein: Zwanziger wird die Deutungshoheit über seine Karriere mit Stärke verteidigen.

© SZ vom 25.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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