Profil:Tatjana Moskalkowa

Lesezeit: 1 min

Tatjana Moskalkowa, Menschenrechtsbeauftragte mit neuem Auftrag in Russland. (Foto: dpa)

Menschenrechtsbeauftragte in Russland mit frischem Blick auf ihren Auftrag.

Von Julian Hans

So ändern sich die Zeiten. Als 1994 der Posten eines Menschenrechtsbeauftragten der Russischen Föderation erstmals besetzt wurde, bekam ihn Sergej Kowaljow, ein ehemaliger Dissident und Vorkämpfer für die Menschenrechte in der Sowjetunion, der für seine Überzeugung Jahre in sibirischen Lagern verbracht hatte. Als am Freitag die Staatsduma den Posten wieder einmal neu besetzte, fiel die Wahl auf Tatjana Moskalkowa, eine General-Majorin der Polizei, die im vergangenen Jahr mit dem Vorschlag von sich reden gemacht hatte, das Innenministerium doch wieder in WeTscheKa umzubenennen; das Kürzel steht für "Außerordentliche Allrussische Kommission zur Bekämpfung von Konterrevolution, Spekulation und Sabotage", die Staatssicherheit der Revolutionsjahre, die später zum NKWD und noch später zum KGB wurde.

Das Amt hat kaum Befugnisse, aber immerhin konnten Moskalkowas Vorgänger ihre Position nutzen, um die Aufmerksamkeit von Regierung und Öffentlichkeit auf besonders brennende Fragen zu lenken und so bisweilen Schlimmeres zu verhindern. Immer wieder hat etwa der ehemalige Botschafter in Washington, Wladimir Lukin, beim Obersten Gerichtshof im Interesse geschädigter Bürger Beschwerden eingereicht. Unter Wladimir Putin wurde es immer schwieriger, Kandidaten zu finden, die zugleich das Vertrauen des Staatsapparats und der meist kritische zum Kreml eingestellten Menschenrechts-Organisationen haben.

Mit der Wahl von Moskalkowa wurde auf diese Balance nun endgültig verzichtet. Anders als alle ihre Vorgänger hat die 60-Jährige in der Vergangenheit keinerlei Engagement für Menschenrechte gezeigt. Mehr als 20 Jahre arbeitete sie in der Rechtsabteilung des Innenministeriums, zuletzt saß sie als Abgeordnete der Partei Gerechtes Russland in der Staatsduma und machte sich dort für orthodox-reaktionäre Positionen stark. Nach der Punk-Andacht von Pussy Riot in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale forderte sie 2012, Angriffe auf die Moral unter Strafe zu stellen.

Die Generalmajorin folgt auf Ella Pamfilowa, die Präsident Wladimir Putin im März zur Vorsitzenden der Wahlkommission berufen hat. Moskalkowa sagte, für sie sei die Nominierung "völlig überraschend" gekommen. Nach ihrer Wahl kündigte sie an, ihr Amt künftig globaler auffassen zu wollen und sich auch für die Rechte von Russen im Ausland zu engagieren - ein Lieblingsthema von Außenminister Sergej Lawrow, wie Deutschland im "Fall Lisa" zu spüren bekam.

"Das Menschenrechtsthema wird von westlichen und amerikanischen Strukturen aktiv als Waffe für Erpressung, Spekulation, Drohungen, Destabilisierungsversuche und Versuche, auf Russland Druck auszuüben benutzt", sagte Moskalkowa am Freitag. Aufgabe des Menschenrechtsbeauftragten sei es, dem etwas entgegenzuhalten.

© SZ vom 25.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: