Profil:Romário de Souza Faria

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Romário de Souza Faria, stürmischer Senator und Symbolfigur für die Staatskrise Brasiliens. (Foto: AFP)

Stürmischer Senator und Symbolfigur für die Staatskrise Brasiliens.

Von Boris Herrmann

Wie sich der Senator Romário de Souza Faria entscheidet, will er erst am Tag der Abstimmung verraten, der Abstimmung über die Zukunft Brasiliens. Sie ist für den 26. August angesetzt, knapp eine Woche nach der olympischen Schlussfeier. Bereits in diesen Tagen nimmt das Amtsenthebungsverfahren gegen die vorläufig suspendierte Präsidentin Dilma Rousseff aber wieder an Fahrt auf. Zeugen werden vernommen, Allianzen geschmiedet. Am Ende kann nur der brasilianische Senat mit Zweitdrittelmehrheit Rousseffs Absetzung beschließen. Nach Lage der Dinge kommt es auf jede Stimme an. Auf Romários Stimme zum Beispiel.

Romário de Souza Faria kam 1966 in der Favela Jacarezinho von Rio zur Welt. Von dort brachte er es zu einem der gefährlichsten Stürmer des Planeten, mit dem FC Barcelona gewann er Spaniens Meisterschaft. 1994 schoss er Brasilien zum WM-Titel und wurde zum Weltfußballer gewählt. Er erzielte in seinem Leben mehr als tausend Tore, laut einer Statistik, die nur er kennt. Als Pelé einmal Zweifel anmeldete, stänkerte er: "Pelé ist schweigend ein Poet."

Romário ist auch in seinem zweiten Leben ein erfolgreiches Großmaul geblieben. Er ist Abgeordneter einer Splitterpartei, die sich Sozialisten nennt, mit Sozialismus aber so viel zu tun hat wie die DDR mit Demokratie. Seit 2015 vertritt er als Senator den Bundesstaat Rio de Janeiro. Bei den Wahlen erreichte er das beste Stimmergebnis seit 30 Jahren. Er leitet jetzt den Untersuchungsausschuss gegen Korruption im nationalen Fußballverband.

Was die Korruption in der Politik betrifft, steht er auf der Seite der Verdächtigen. Auch gegen Romário wird im Zuge der Operation Lava Jato ermittelt, der größten Anti-Korruptions-Offensive, die Brasilien je gesehen hat. Seither sinken die Umfragewerte. Seine im Juni angekündigte Kandidatur für das Bürgermeisteramt in Rio zog er daraufhin "aus persönlichen Gründen" zurück.

Romário ist schlechte Presse gewohnt. Seine Exzesse als stürmender Partykönig sind legendär. Er hat sechs Kinder mit vier Frauen. Seine Sportlerkarriere endete mit einem positiven Dopingtest, den er mit einem Mittel gegen Haarausfall erklärte. Heute ist er ein in jeder Hinsicht unbegreiflicher Politiker. Damit liegt er voll im Trend seiner Kollegen in den beiden Kammern des Parlaments. Inhaltlich hat er jenseits der Sportpolitik wenig zu bieten, profiliert ist er vor allem als Strippenzieher. Er gibt nicht immer eine glückliche Figur ab, aber er weiß noch, wie man sich im entscheidenden Moment durchdribbelt.

Vor dem endgültigen Votum über die Zukunft Dilma Rousseffs lässt er sich von beiden Lagern umschmeicheln. Im Moment tendiert er wohl eher zum Impeachment, Interimspräsident Temer hat einem seiner engsten Vertrauten offenbar einen Direktorenposten in einem staatlichen Energiekonzern verschafft. Man könnte auch sagen: Romário steht beispielhaft für Brasiliens Staatskrise.

© SZ vom 29.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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