Profil:Renhō

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Oppositionsführerin, die Japans Männerwirtschaft aufmischt. (Foto: Kimimasa Mayama/dpa)

Die neue Oppositionsführerin mischt Japans Männerwirtschaft auf.

Von Christoph Neidhart

Renhō, die neue Oppositionsführerin im japanischen Parlament, war Juristin, Journalistin, Fernseh-Moderatorin, Bikini-Modell - manchmal auch ohne Badezeug - und bereits Ministerin. Jetzt führt die 48-jährige Mutter von Zwillingen als erste Frau Japans eine große Partei, die Demokraten (DP). Bisher war das ein Privileg älterer Männer. Sollte die DP die nächsten Unterhauswahlen gewinnen, würde Renho automatisch Regierungschefin.

Die jugendliche, energische Oberhaus-Abgeordnete mit Kurzhaarschnitt, eine begnadete Rednerin, die stets in Weiß auftritt, markiert einen zweiten Bruch mit der Tradition. Geboren als Tochter eines Kaufmanns aus Taiwan und einer japanischen Mutter, gilt sie, obwohl in Tokio aufgewachsen, als "Hafu", als "halbe" Japanerin. Schon damit ist sie im Parlament eine Ausnahme.

Renhō erhielt erst 1985 die japanische Staatsbürgerschaft, vorher ließ das Gesetz das nicht zu. Damals hätte sie die taiwanische Staatsbürgerschaft aufgegeben, behauptete sie bisher. Kurz vor der innerparteilichen Wahl wurde jedoch bekannt, dass dies nicht zutrifft. Einige Medien versuchten, ihr daraus einen Strick zu drehen. Renhō verteidigt sich, als 18-Jährige habe sie nicht verstanden, was ihr Vater auf Chinesisch mit der Vertretung Taiwans verhandelte. Sie werde ihre taiwanesische Nationalität nun aufgeben. Das japanische Gesetz untersagt doppelte Staatsbürgerschaften, in der Praxis werden sie jedoch geduldet. Die Meinungen der Abgeordneten und Regionalverbände der DP, die am Donnerstag ihre neue Partei-Präsidentin wählten, hat dies nicht beeinflusst. Renhō setzte sich gegen ihre Mitbewerber durch.

Als sie Japans Staatsbürgerschaft erhielt, ließ sie sich mit dem Namen ihrer Mutter ins Familienregister eintragen: Saitō. Als verheiratete Frau müsste sie eigentlich den Namen ihres Mannes benützen: Murata. Stattdessen beschränkte sie sich auf ihren Vornamen. In der Politik ist er inzwischen ein Markenzeichen.

Bekannt geworden ist Renhō als "Clarion Girl" von 1988; das Unternehmen für Autozubehör wählt jedes Jahr eine junge Frau für seine Werbespots. Viel Popularität gewann sie als Ministerin für Staatsreformen, als sie 2012 Beamte vor Live-Kameras wegen Verschwendung abkanzelte. Im Streit um einen Supercomputer forderten die Beamten Unsummen, damit Japan den schnellsten Rechner der Welt bekomme. "Was ist falsch daran, den zweitschnellsten Supercomputer zu haben?", hielt ihnen Renhō entgegen. Im Parlament setzt sie sich für Frauen, Alte, Zeitarbeiter und Kinder ein. "Für Menschen statt Beton", wie sie sagt. Oder statt Exportkonzernen, wie Premier Shinzō Abe. Dieser reagiert gereizt auf Renhō. Er sagt zwar gern, er wolle Frauen fördern, aber sie sollen seinen Vorstellungen entsprechen. Jetzt fordert ihn eine Frau heraus, die alles verkörpert, was ihm fehlt. Renhō ist schnell im Denken, schlagfertig, direkt, ein bisschen links und auch noch elegant.

© SZ vom 16.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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