Profil:Oliver North

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(Foto: dpa)

Der neue Chef der US-Waffenlobby war einst verwickelt in einen Skandal.

Von Sebastian Schoepp

Wenn es um Waffen geht, kann man womöglich kaum einen geeigneteren Mann finden, denn mit Waffen kennt Oliver North sich aus. Der künftige neue Vorsitzende der mächtigen US-Waffenlobby National Rifle Association (NRA) war in den Achtzigerjahren Schlüsselfigur eines dubiosen Waffengeschäfts. Der heute 74-Jährige erlangte zweifelhaften Weltruhm mit der sogenannten Iran-Contra-Affäre, einem der finsteren Kapitel amerikanischer Einflussnahme auf verschiedenen Kontinenten.

Am 25. November 1986 trat US-Justizminister Edwin Meese vor die Presse im Weißen Haus, um offiziell über Vorgänge zu informieren, die als "Irangate" in die Geschichte eingegangen sind. Im Zentrum der Affäre: Oliver North. Der Veteran des Vietnamkrieges und CIA-Agent war zu dieser Zeit als militärischer Berater des Nationalen Sicherheitsrates tätig. Er hatte direkten Zugang zu Präsident Ronald Reagan. Andere Offiziere nannten ihn etwas neidisch den "höchstrangigen Oberstleutnant der Welt". Sein Spezialgebiet waren verdeckte Operationen.

Zu dieser Zeit führte Iran Krieg mit dem Irak. Ausgerechnet an Iran, eigentlich seit der Besetzung der US-Botschaft in Teheran 1980 Erzfeind der Amerikaner, wurden über Mittelsmänner Waffen geliefert - natürlich illegal. Die Einnahmen wurden an die sogenannten Contras in Nicaragua weitergeleitet. Oliver North wurde beschuldigt, das Geschäft arrangiert zu haben. Die Contras waren Rebellen, die gegen die linke sandinistische Revolutionsregierung kämpften, die seit 1979 in Nicaragua regierte. Es war Kalter Krieg, die UdSSR Ronald Reagans Hauptfeind. Dass die nicaraguanischen Revolutionäre von den Sowjets und der DDR Unterstützung bekamen, wollte er nicht hinnehmen. Er befürchtete ein zweites Kuba.

Doch offen eingreifen wollten die USA auch nicht. Die CIA ließ also die nicaraguanischen Häfen verminen, im Nachbarland Honduras rüstete sie Rebellen aus - die sogenannten Contras. Diese rekrutierten sich aus Mitgliedern der früheren Garde des Diktators Anastasio Somoza, den die Sandinisten unter Revolutionsführer Daniel Ortega gestürzt hatten. Dazu kamen frühere Guerilleros, die sich mit Ortega überworfen hatten. Eine zusammengewürfelte Truppe also, die sich durch Terrorkrieg im Urwald und gegen Bauerndörfer hervortat. Wirklich durchsetzen konnten sich die Contras nie, 1990 wurde nach Vermittlung durch Costa Rica Frieden geschlossen in Mittelamerika.

Oliver North war zu dieser Zeit damit beschäftigt, sich gegen Vorwürfe wegen des Waffendeals zu wehren. Reagan hatte ihn fallenlassen, seine Aussage über Irangate im Kongress hatte das Land gespalten. Für die einen war North ein Held, ein verdienter Kommunistenjäger, zumindest ein Sündenbock; für die anderen war er jemand, der nach der Methode "der Zweck heiligt die Mittel" auf Recht und Anstand herumtrampelte. North selbst behauptete, er habe stets nur seinem Land gedient. 1989 wurde er wegen der Vernichtung von Dokumenten und Falschaussage verurteilt. Er legte Berufung ein, das Urteil wurde wegen Verfahrensfehlern aufgehoben, ein neues gab es nie.

1994 kandidierte er für den Senat, verlor zwar, aber ein Idol der Konservativen blieb er. North verdiente Geld als Buchautor und Darsteller seiner selbst in TV-Produktionen, zuletzt arbeitete er bei Fox News. NRA-Vize Präsident Wayne LaPierre sagte, North' Berufung sei die "aufregendste Neuigkeit", seit der Schauspieler Charlton Heston 1998 Präsident der Vereinigung geworden sei. Die NRA gehört zu den bedingungslosen Verteidigern des Rechts, Waffen zu tragen - allen Massakern in Schulen zum Trotz. Bei den Kritikern der NRA rief die Berufung von North die erwartbare Reaktion hervor. Die Brady Campaign gegen Gewalt durch Schusswaffen, eine der bekanntesten Initiativen in den USA, ließ mitteilen: Sein Name stehe als Synonym für Korruption und Schande.

© SZ vom 09.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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