Profil:Nicolas Sarkozy

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Der französische Ex-Präsident ist in einen Strudel von Korruptionsaffären geraten.

Von Nadia Pantel

Wer in Frankreich Präsident werden möchte, verkauft nicht nur ein Programm, sondern auch ein Gefühl. 2017 machten die Menschen ihr Kreuz bei Emmanuel Macron und bei der Zuversicht. Zehn Jahre zuvor erteilten sie dem Enthusiasmus der Sozialistin Ségolène Royal eine Absage. Sie wollten damals niemanden, der sie beflügelt, sondern einen, der sie anbellt. Sie wollten Nicolas Sarkozy. Von 2007 bis 2012 saß der rechtskonservative Jurist im Élysée-Palast. Das Sarkozy-Gefühl? Streitlust. Insofern passt es, dass seine Karriere jetzt endgültig in einem Rechtsstreit enden könnte, der sich letztlich um die Frage dreht: Hat er zu viel gewollt?

"Sarko" streckte gern Kinn und Brust so energisch vor wie einer, der darauf achtet, das größte Stück vom Kuchen zu bekommen. Die Karikaturisten zeichneten ihn gern in Uniform und schoben ihm seine Hand unters Revers, voilà: ein neuer Napoleon. Die Boulevardblätter waren begeistert. Sarkozys Liebesleben war spektakulär, und der Präsident achtete wenig darauf, es privat zu halten.

Kaum war Sarkozy im Amt, wurde er von seiner Ehefrau verlassen. Ein Novum in der französischen Politik. In Paris sieht es die Etikette eher vor, dass mächtige Männer heimlich ihre Frauen betrügen, als dass solche Männer selbst öffentlich betrogen werden. So wie Sarkozy. Doch auf Trauer folgte Freude: Carla Bruni zog in den Palast. Der aufbrausende Machtmensch hat eine weiche Seite und liebt ein singendes Model mit Bohème-Vergangenheit. Frankreichs First Couple hätte sich ein Groschenromanautor nicht besser ausdenken können.

Sarkozy stammt von einer griechisch-jüdischen Mutter und einem ungarischen Vater ab. Als Politiker profilierte er sich mit einer harten Antieinwanderungspolitik. 2005 war er Innenminister und bezeichnete die arabisch- und afrikanischstämmigen Bewohner der verarmten Vorstädte als Gesindel, das man aus der Stadt "kärchern" müsse. 2010 ließ er im großen Stil Roma nach Rumänien und Bulgarien abschieben und deren Barackensiedlungen abreißen. Er nannte das den "nationalen Krieg gegen Kriminalität".

Inzwischen ist der 63-Jährige weniger als Kämpfer für Recht und Ordnung bekannt denn als Verdächtiger in einem Strafverfahren, das selbst für die Verhältnisse französischer Präsidenten spektakulär ist. Ihm wird vorgeworfen, einst illegale Spenden in Millionenhöhe von Libyens damaligem Staatschef Muammar al-Gaddafi angenommen zu haben. Sarkozy spricht von "Verleumdung", die Ermittler sprechen von "passiver Korruption" und illegaler Wahlkampffinanzierung. Es geht um die Frage, ob ein skrupelloser Diktator half, Sarkozy ins Amt zu heben.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Justiz sich mit dem Republikaner auseinandersetzt. Seine zweite Präsidentschaftskampagne 2012 war nicht nur erfolglos, sondern auch unsauber finanziert. Der französische Verfassungsrat ordnete an, dass Sarkozys Partei, die damals UMP hieß, elf Millionen Euro Wahlkampf-Kostenerstattung zurückzahlen musste, weil die Kampagne das erlaubte Budget massiv überschritten hatte. 2013 wurde zudem gegen Sarkozy ermittelt, weil er im Verdacht stand, die Demenzerkrankung der Milliardärin Liliane Bettencourt ausgenutzt zu haben, um sie zu Spenden zu bewegen. Das nächste Strafverfahren gegen den Ex-Präsidenten folgte 2014: Verdacht auf versuchte Richterbestechung.

Doch die Vorwürfe scheinen den Politiker eher zu bestärken als zu verunsichern. Sarkozy gibt sich unverzagt. Wäre es nach ihm gegangen, wäre er 2017 erneut zur Präsidentschaftswahl angetreten. Die Republikaner entschieden sich aber für den Ex-Premierminister François Fillon, der dann jedoch ebenfalls unter Korruptionsverdacht geriet und bei der Wahl kläglich scheiterte. Was die Lauterkeit ihrer Spitzenpolitiker anbelangt, sind die Franzosen offensichtlich anspruchsvoller geworden.

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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