Profil:Michael Lauber

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Michael Lauber: Schweizer Chefermittler auf den Spuren der Fifa-Funktionäre. (Foto: Marcel Bieri/dpa)

Schweizer Chefermittler auf den Spuren der Fifa-Funktionäre.

Von Charlotte Theile

Immer, wenn er unter Druck steht, läuft Michael Lauber zur Höchstform auf. Insofern dürften die vergangenen Wochen für den 49 Jahre alten Bundesanwalt der Schweiz beispiellos gut gewesen sein. Der Korruptionsskandal beim internationalen Fußballverband Fifa beschäftigt Medien auf der ganzen Welt - Lauber steht im Mittelpunkt der Ermittlungen. Die Operation Darwin, das Strafverfahren gegen die Fifa-Funktionäre, sei "riesig und komplex" sagte er am Mittwoch den angereisten Journalisten. Schon nach wenigen Wochen liegen den Ermittlern viele Terabyte vor, Daten, die sie nun auswerten. Lauber, der sich nach allem, was man weiß, nicht besonders für Fußball interessiert, hat sich intensiv mit der Fifa befasst. Es dürfte der Fall seines Lebens werden.

Als Experte für Geldwäsche ist der Jurist seit Jahren anerkannt. Nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland, wo er in Talkshows auftrat und die Gesetze und Besonderheiten seines Landes verteidigte. Doch seit Ende Mai in einem Zürcher Luxushotel mehrere Fifa-Funktionäre festgenommen wurden, will ohnehin jeder mit ihm sprechen. Da macht es sich für einen Bundesanwalt besser, unerreichbar zu bleiben. Sein Auftritt in dieser Woche - perfektes Englisch, doch mit Hinweis auf das laufende Verfahren nur wenig Neuigkeiten - war die Krönung dieser Medienstrategie.

Stunden zuvor war Lauber von der Schweizer Bundesversammlung im Amt bestätigt worden. 195 von 216 National- und Ständeräten sprachen ihm für weitere vier Jahre das Vertrauen aus. Lauber ist der erste Bundesanwalt, der auf diese Weise bestätigt wurde. Bevor er 2011 gewählt wurde, hatte der Bundesrat, also die Regierung, über diesen Posten bestimmt. Mit der Wahl durch das Parlament wurde das Amt aufgewertet - Schweizer Medien betrachten den Bundesanwalt nun als ähnlich stark und unabhängig wie den Präsidenten der Nationalbank.

Zuvor hatte die Bundesanwaltschaft jahrelang für Negativschlagzeilen gesorgt. Lauber war angetreten, um ihr Image zu verbessern.

Bisher hatte Lauber seine Macht aber eher zurückhaltend eingesetzt. Sowohl im Verfahren gegen die italienische Mafia als auch bei den Ermittlungen gegen die Schweizer Tochter des britischen Geldinstituts HSBC hatte er gezögert. "Keine Abenteuer mehr" soll eine seiner Dienstanweisungen gelautet haben. Der Genfer Staatsanwalt Olivier Jornot hatte sich kürzlich prominent über Laubers juristische Bedenken hinweggesetzt - und einen Achtungserfolg erzielt. Die durch den Whistleblower Hervé Falciani belastete HSBC zahlte 40 Millionen Franken. Jornot stellte das Verfahren daraufhin ein.

Michael Lauber, der schon als Pfarrerssohn im Städtchen Solothurn unter ständiger Beobachtung stand, hatte sich da bereits der Fifa zugewandt. Und hier zeigt sich nun, dass er nicht der Zauderer ist, den der Genfer Kollege gern aus ihm gemacht hätte. "Strafrechtlich hat sich die Bundesanwaltschaft auf einen Holperrasen begeben" schreibt der Zürcher Tages-Anzeiger. Der vorsichtige Bundesanwalt scheint bereit zu sein, etwas zu wagen, er gilt als fähiger Krisenmanager. Als Geschäftsführer des Bankenverbands Liechtenstein vertrat er das Land genau zu der Zeit, als das Fürstentum im Feuer stand. Nun könnte es ähnlich laufen: Die Rolle als Jäger der korrupten Fifa-Funktionäre könnte er recht gut spielen.

Zudem ist der Bundesanwalt Aushängeschild einer modernen, weltgewandten Schweiz. Wenn er einmal Interviews gibt, spricht er von "dem Sechzehntel Indonesier in mir", das es ihm erlaube, auch ohne Diäten schlank zu bleiben. Und er spricht von dem "sehr schönen Mann", mit dem er zusammenlebe; von ihren gemeinsamen Koch-Abenden, dem Partnerschafts-Armband und dem "Blödsinn", den jeder hin und wieder mache. Michael Lauber findet, in einer Gesellschaft, in der diese Dinge keinen Platz hätten, dürfe man "nur 90-jährige Eunuchen" in hohe Ämter wählen.

© SZ vom 20.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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