Profil:Michael Hausfeld

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Michael Hausfeld, amerikanischer Rechtsanwalt und Schrecken des VW-Konzerns. (Foto: oh)

Der amerikanische Anwalt ist jetzt der Schrecken des VW-Konzerns.

Von Claus Hulverscheidt

Das Beste, was man beim Volkswagenkonzern bisher über den Rechtsgelehrten Michael Hausfeld sagen konnte, war, dass dieser sein Unwesen in 6500 Kilometern Entfernung trieb. Sicher, glücklich war man nicht gewesen, als vor Monaten bekannt wurde, dass sich der Washingtoner Staranwalt jenen amerikanischen VW-Kunden als Beistand angedient hat, die dem Autobauer wegen gefälschter Abgaswerte Schadensersatz in Milliardenhöhe abtrotzen wollen. Auf der langen Liste ungelöster Probleme bei VW fand sich die Nachricht wohl dennoch nur auf einem der mittleren Plätze wieder. Denn zumindest blieb Hausfelds Wirken ja auf die USA beschränkt.

Doch wie immer in dieser unseligen Geschichte kommt es für VW am Ende schlimmer als ohnehin befürchtet. Hausfeld nämlich hat dem Konzern mittlerweile mitgeteilt, dass er sich keineswegs mit Amerika begnügen, sondern auch Schadenersatz für die deutschen Kunden erstreiten will - es geht um mindestens 2,5 Milliarden Euro. Der Feind, er steht plötzlich unmittelbar vor den Wolfsburger Werkstoren.

Wie es um Hausfelds Selbstverständnis bestellt ist, zeigt die Art, in der er seine Attacke ankündigte. Er wandte sich nicht etwa an ein Gericht. Er gab auch kein Interview. Er schrieb einen Brief an Konzernchef Matthias Müller und stellte ein Ultimatum: Binnen 14 Tagen bitte schön möge sich Müller mit ihm, Hausfeld, zu einem ersten Gespräch über einen Vergleich treffen. Anderenfalls, so steht es zwischen den Zeilen, werde es für VW noch teurer werden.

Dass der Mann nicht blufft, weiß man in Wolfsburg sehr wohl. Er legte sich erfolgreich mit den Öl-Riesen Exxon und Texaco an. Er verklagte die Tabakindustrie wegen des Verkaufs von Light-Zigaretten und trieb Schweizer Banken, die sich am Vermögen von Holocaust-Opfern bereichert hatten, in einen teuren Vergleich. Und er scheute auch die Konfrontation mit Regierungen nicht, der deutschen etwa, der er mit Kollegen einen fünf Milliarden Euro schweren Fonds zur Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter abtrotzte.

Dass Hausfeld, Jahrgang 1944, jüdische Vorfahren in Europa hat, mag bei seinem Eintreten für NS-Opfer eine Rolle gespielt haben. Mehr noch aber treibt ihn wohl der Drang, Menschen eine Stimme zu geben, die sich allein gegen einen übermächtigen Gegner nicht wehren können. "Er stand schon immer auf der Seite derer, die nicht in der Lage waren, ihre Rechte einzuklagen, der Unterdrückten, der Wehrlosen", hat sein Kommilitone, der einstige Agrarminister Dan Glickman, gesagt. Dass es Hausfeld gelang, durch die Bündelung von Kleine-Leute-Klagen zu großen Paketen selbst viel Geld zu verdienen, zeigt, dass sein Sinn fürs Geschäft mindestens so ausgeprägt ist wie jener für Gerechtigkeit.

Kollegen rühmen außerdem seinen "erfinderischen Geist", der ihn zugunsten der Klienten auf Ideen kommen lasse, "auf die andere Anwälte nicht kommen". Den VW-Oberen sollte diese Gabe durchaus Sorgen machen.

© SZ vom 17.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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