Profil:Melania Trump

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Für die First Lady ist die Präsidentschaft ihres Mannes oft eine Zumutung.

Von Hubert Wetzel

An jenem Abend im November 2016, als Donald Trump die Präsidentschaftswahl gewann, soll seine Frau geweint haben. Nicht aus Freude, sondern aus Trauer darüber, dass ihr Leben, so wie sie es bis dahin in New York geführt hatte, angenehm, unauffällig und dick mit Geld gepolstert, erst einmal vorbei war. So jedenfalls steht es in Michael Wolffs Buch "Fire and Fury". Nicht alles, was da steht, stimmt, und das Weiße Haus hat Melania Trumps angebliche Tränen am Wahlabend auch sofort dementiert. Doch ob sie nun weinte oder nicht - dass Melania Trump nie den Ehrgeiz hatte, die First Lady der Vereinigten Staaten zu werden, war schon im Wahlkampf offensichtlich. Vielleicht ahnte sie ja, was da auf sie zukommen würde.

Im Grunde hat Melania Trump einen unmöglichen Job. Das liegt vor allem daran, dass sie einen unmöglichen Ehemann hat. Sie soll Würde und Gelassenheit ausstrahlen neben einem Mann, der seine Tage mit würdelosem, hysterischem Getwitter verbringt. Sie soll so etwas wie die erste Ehefrau im Staate sein, ist aber mit einem Mann verheiratet, dessen Affäre mit einer Pornodarstellerin nun vor den Augen der Nation ausgebreitet wird. Sie begleitet den Präsidenten bei Staatsbesuchen, aber die Berichterstattung über sie besteht zu einem Großteil aus Spekulationen darüber, ob sie und ihr Mann noch ein Bett teilen oder kurz vor der Scheidung stehen. Trumps politische Gegner nehmen seine Frau in Mithaftung für alles, was der Präsident an rassistischem oder sexistischem Quatsch von sich gibt. Für Donald Trump mag die Präsidentschaft eine großartige Sache sein; für Melania Trump ist sie oft eine Zumutung, wenn nicht gar eine Demütigung.

Insofern ist es vielleicht verständlich, dass sich Melania Trump nun einige Tage freigenommen hat. Vor drei Wochen war sie im Krankenhaus, eine unkomplizierte Nierensache, wie das Weiße Haus mitteilte. Danach aber war sie verschwunden, untergetaucht, alle öffentlichen Termine waren abgesagt. Im Internet wurden aufgeregt allerlei Theorien herumgereicht. Manche waren harmlos, etwa die, dass Melania geflohen sei und Asyl bei den Obamas gefunden habe; manche waren verletzend. Der Publizist David Frum insinuierte, dass Trump seine Frau so verprügelt habe, dass diese sich nun verstecken müsse. Natürlich gab es ein Twitter-Schlagwort: #MissingMelania. Am Montag endete das Versteckspiel: Melania Trump trat bei einem Empfang für die Familien gefallener Soldaten im Weißen Haus auf.

Melania Trump ist die erste First Lady der jüngeren Geschichte, die keine geborene amerikanische Staatsbürgerin ist. Die 48-Jährige stammt ursprünglich aus Slowenien. Als junge Frau arbeitete sie als Model, 1996 zog sie deswegen nach New York. Dort traf sie auf einer Party den Immobilienkaufmann Donald Trump, den sie 2005 heiratete. Im Frühjahr 2006 kam der gemeinsame Sohn Barron zur Welt, im gleichen Jahr erhielt Melania die US-Staatsangehörigkeit. Für Melania war es die erste Ehe und das erste Kind; für Donald Trump war es bereits die dritte Ehe und das fünfte Kind.

Über Melania Trumps politische Ansichten ist so gut wie nichts bekannt, zur Tagespolitik äußert sie sich nicht. Allzu weit rechts dürfte sie politisch allerdings kaum stehen. In ihrem früheren Manhattaner Leben bewegte sich Melania Trump vor allem - wie auch ihr Ehemann - in liberalen Kreisen. Und als vor einiger Zeit das französische Präsidentenpaar in Washington zu Gast war, verstand sich Brigitte Macron offenbar recht gut mit Melania Trump. Melania habe einen guten Humor und sei sehr warmherzig, ließ die Französin wissen. Das war nett, und es klang aufrichtiger als all das verzweifelte Lob, das Emmanuel Macron über seinen Kollegen Donald Trump ausschüttete.

In ihr Kompliment mischte Frau Macron freilich auch ein paar Sätze, aus denen Bedauern sprach. Im Grunde, so sagte sie, sei Melania Trump eine Gefangene im Weißen Haus.

© SZ vom 06.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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