Profil:Max Hollein

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Museumsverwandler, wechselt nun von Frankfurt nach San Francisco.

Von Catrin Lorch

Damit war nicht zu rechnen: Max Hollein, Museumsdirektor am Frankfurter Städel, wechselt an das Fine Arts Museum of San Francisco (FAMSF). Hatte Hollein, Sohn des Architekten Hans Hollein, nicht im vergangenen Jahr noch im Interview mit der Süddeutschen Zeitung kategorisch erklärt, ein anderes Kunsthaus reize ihn nicht? Wer ihn nach 15 Jahren aus der Mainmetropole weglocken wolle, müsse ihm schon einen anderen Job als den eines Museumsdirektors anbieten.

Der 46-jährige Wiener wird international umworben, seit es ihm gelang, in Frankfurt eine renommierte, aber chronisch unterfinanzierte Bürgerstiftung wie das im 19. Jahrhundert gegründete Städelsche Kunstinstitut in eines der angesagtesten Museen Deutschlands zu verwandeln. Dabei war die Kunstöffentlichkeit höchst skeptisch, als Hollein, der seit 2001 die Ausstellungshalle Schirn geleitet hatte, fünf Jahre später noch das traditionsreiche Museum übergeben wurde, zu dessen Sammlung Gemälde von Holbein, Dürer und Cranach gehörten sowie, im Liebighaus, Skulpturen seit der Antike.

Denn der Direktor hatte kunsthistorisch wenig vorzuweisen. Bekannt war Hollein damals vor allem als Manager, der nach einem Doppelstudium von Wirtschaftswissenschaften und Kunstgeschichte am Guggenheim-Museum in New York als Assistent des berüchtigten Thomas Krens die Filialisierung des amerikanischen Museumskonzerns in Berlin, Bilbao und Las Vegas vorangetrieben hatte. Doch setzte Max Hollein bald Maßstäbe für eine neue Museumskultur: einerseits mit seiner Begabung dafür, in der Bankenmetropole auch die Arbeitsmigranten der Finanzwelt für das Museum als Unterstützer zu gewinnen. Seinem Nachfolger wird er nicht nur ein renoviertes, sondern auch um 3 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche erweitertes Haus übergeben. Andererseits schätzen ihn seine Kuratoren dafür, dass er ihnen bei Ausstellungen freie Hand lässt. Weswegen am Städel nicht nur Botticelli als Blockbuster verbucht wurde, sondern auch sperrigere Themen wie "Dürers Druckgraphik". Max Hollein, der vor seiner Karriere in der Kunst auch schon Erfahrungen in der Werbebranche gesammelt hatte, vermarktet Schirn und Städel im Internet und auf Twitter und scheut sich nicht, einen Kunstmarkt-Star wie Jeff Koons einzuladen, dessen bunt verchromte Balloon-Skulpturen zwischen antiken Skulpturen zu platzieren. Einzig sein Versuch, vorschnell ein relativ günstig eingekauftes Papst-Porträt zur Urversion von der Hand des Renaissance-Meisters Raffaels umzuetikettieren, brachte ihm Kritik ein.

Dass erneut eine Mega-Institution - mit mehr als 1,6 Millionen Besuchern im Jahr gilt das FAMSF als eines der meistfrequentierten Häuser der USA - einen Museumsmann aus Deutschland engagiert, verwundert nicht. In den vergangenen Jahren hatten schon das erzbritische Victoria & Albert Martin Roth aus Dresden abgeworben, von wo jetzt gerade auch Hartwig Fischer nach London wechselt, ans British Museum. "In der dichten Kulturlandschaft des Föderalstaats ist ein großes Reservoir an Wissen und Können vorhanden", sagt Max Hollein über die deutsche Szene.

Hollein reizt am neuen Job vor allem das Umfeld. "San Francisco, die multikulturelle Stadt an der West Coast, transformiert sich urban gerade vollkommen", sagt er. Das Potenzial des FAMSF (auch in Konkurrenz zu einem Museums-Giganten wie dem Ghetty in der südlich gelegenen Kunst-Stadt Los Angeles) weiterzuentwickeln, fordere ihn heraus. Allerdings wird sich der Wechsel in die US-Oberliga wohl nicht so schnell vollziehen, wie es sich die Amerikaner wünschen. Offiziell soll Hollein das Amt zum 1. Juni antreten, der Vater von drei Kindern wird im Sommer allerdings eine Zeit lang pendeln. Schließlich will er in Frankfurt noch die letzte vom ihm selbst kuratierte Baselitz-Ausstellung eröffnen. Ihr Titel: "Die Helden".

© SZ vom 26.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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