Profil:Mark Coetzee

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(Foto: N/A)

Kunstpionier und Chef des neuen Museums für moderne Kunst in Kapstadt.

Von Bernd Dörries

Es gibt wohl keinen weißeren Ort auf dem ganzen afrikanischen Kontinent als die Waterfront in Kapstadt. Hier nahmen die Eroberung und die Plünderung Afrikas ihren Anfang, hier landeten einst die ersten weißen Siedler. Heute ist ein großer Teil der alten Anlage zu einem Einkaufszentrum geworden, mit Yachthafen und Aquarium und täglich Tausenden Touristen aus Europa. In dieser Umgebung, so erzählt es Mark Coetzee nun schon seit Monaten, wird an diesem Wochenende Geschichte geschrieben, afrikanische Geschichte, von Afrikanern selbst.

Coetzee, 53, ist Geschäftsführer und Chefkurator des Zeitz Museum of Modern Contemporary Art Africa (MoCAA) das an diesem Wochenende seine Pforten öffnet. Das MoCAA ist das erste Museum nur für zeitgenössische afrikanische Kunst, die in der Mehrheit die Kunst von schwarzen Afrikanern ist. Eine Kunst, die wie der ganze Kontinent sehr lange von außen definiert wurde. Deshalb erklärt der weiße Südafrikaner Coetzee nun mit großer Geduld, warum das MoCAA kein Projekt von Weißen für Weiße ist, obwohl es in dem ehemaligen Puma-Chef Jochen Zeitz einen deutschen Gründer hat, der seine Sammlung einbringt. Der (weiße) britische Architekt Thomas Heatherwick hat das Gebäude entworfen, und der (weiße) Investor David Green, Chef des Einkaufszentrums Waterfront, hat die 35 Millionen Euro beigesteuert, die der Umbau des ehemaligen Getreidesilos kostete, in das nun Museum und ein Luxushotel ziehen.

Coetzee sagt, dass Zeitz und er sich auch andere Standorte angeschaut hätten, in Johannesburg, in Nairobi und in Bamako in Mali. Aber was bringt ein Museum in einem Land, in das nur wenige Besucher kommen, oder ein Ort, der unsicher ist? Nach Kapstadt kommen in jedem Jahr mehr als zehn Millionen Besucher, Kunst will gesehen werden.

Bis 1994 durften Schwarze in Südafrika überhaupt keine Museen besuchen, es gilt also, eine Hemmschwelle abzubauen. Mittwochs haben die Bürger afrikanischer Länder deshalb freien Eintritt, Jugendliche unter 18 Jahren immer. "Das Museum wird ein Erfolg, wenn sich die Besucher durch ihre eigenen Künstler repräsentiert fühlen. Sie sollten sich in den Werken wiederfinden", sagt Coetzee. Im Südafrika der Apartheid konnte er sich lange selbst nicht wiederfinden. Er ging 1989 zum Studium nach Paris und London, kehrte erst 1996 mit Abschlüssen in Fotografie und Malerei zurück und gründete eine Galerie in Kapstadt.

Für afrikanische Kunst interessierten sich damals nur wenige, in Europa nicht und auch nicht in der Heimat der Künstler. Afrikanische Künstler mussten auf die Biennale nach Venedig oder auf die Documenta reisen, um relevant zu werden. Noch heute gibt es nur in zwölf Ländern des Kontinents eine Galerie für zeitgenössische Kunst.

Coetzee traf auf Zeitz, der sich in Afrika verguckt hatte, in die Landschaft Kenias und in die Kunst, die er seit Jahren kauft. Zusammen mit Coetzee fegte er wie ein Staubsauger über den Kontinent. Die beiden kauften Tausende Werke, ganze Sammlungen, die Zeitz dem Museum auf Lebenszeit leiht.

Der Vorwurf, es handele sich um ein weißes Projekt, wurde vor allem von anderen Weißen erhoben, ist aber in diesen Tagen in den Hintergrund getreten, da die ersten Besucher zu Vorabführungen eingeladen wurden und dort auf etwa 20 schwarze Kuratoren trafen, die die Ausstellungen mitgestalten und am MoCAA ausgebildet werden sollen. Sie verweisen voller Stolz auf afrikanische Künstler, deren Werke nun im neuen Museum hängen. Einem Museum, das mit dem MoMA in New York und der Tate Modern in London konkurrieren und ein neues Afrika-Bild prägen will. Früher war der Hafen von Kapstadt ein Ort, an dem die Reichtümer das Land verließen. Heute, so Coetzee, soll es ein Ort werden, an dem die Schätze des Kontinents ihre Heimat finden und behalten.

© SZ vom 23.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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