Profil:Margaret Chan

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Margaret Chan, Chefin der Weltgesundheitsbehörde mit Hoffnung auf Hilfe der G 7. (Foto: Denis Balibouse, Reuters)

Chefin der Weltgesundheitsbehörde mit Hoffnung auf Hilfe der G 7.

Von Michael Bauchmüller

Die vergangenen Monate waren auch für Margaret Chan, 67, eine Zeit der Reue. Die Ebola-Epidemie war von vielen unterschätzt worden, auch von Chans Weltgesundheitsorganisation. "Nie wieder" wolle sie erleben, dass die UN-Organisation derart unvorbereitet von einer Epidemie getroffen wird. Da waren schon 11 000 Menschen der Krankheit zum Opfer gefallen. Für eine Organisation, die Hilfe koordinieren und dem Schlimmsten vorbeugen soll, ist allein das schon eine Katastrophe.

Möglicherweise aber eine, die Dinge in Bewegung setzt. An diesem Montag ist Chan beim G-7-Gipfel auf Schloss Elmau, bei einem der zwei sogenannten Outreach-Termine. Das sind jene Gespräche, bei denen die Staats- und Regierungschefs der sieben großen Industriestaaten nicht nur miteinander, sondern auch mit anderen sprechen. Zum Beispiel über die Folgen von Ebola. Eine Art schnelle Eingreiftruppe könnte entstehen, sogenannte Weißhelme, die bei Seuchen rasch intervenieren können. Nicht noch einmal soll es so lange dauern, bis bei einer hochansteckenden Seuche internationale Hilfe anläuft. Ganz sicher werde es wieder Ausbrüche wie Ebola geben, warnte der britische Premier kurz vor seiner Abreise nach Elmau. Und das nächste Virus könne "aggressiver und schwieriger einzugrenzen sein". Bei den G 7 ist das Thema angekommen.

Margaret Chan hat die Signale schon 1997 verstanden, damals war nur das Virus ein anderes. Chan war Chefin der Gesundheitsbehörde ihrer Heimatstadt Hongkong, als die Vogelgrippe H5N1 ausbrach - und sich von Hongkong aus nach Südostasien ausbreitete. Chan griff rigoros durch, ließ 1,4 Millionen Vögel keulen. Die schnelle Reaktion brachte ihr international viel Lob ein, die massenhafte Schlachtung von Tieren zur Eingrenzung einer Seuche war seinerzeit noch nicht üblich. Wenige Jahre später, 2003, wurde Hongkong von der nächsten Seuche heimgesucht, dem Sars-Virus. Fast 300 Menschen starben an der Lungenkrankheit - und Chans Gesundheitsbehörde stand in der Kritik: Sie habe zu spät gehandelt. Jede Epidemie, so weiß Chan seither, wird immer auch zur Bewährungsprobe jener Institutionen, die sie bekämpfen sollen. Das ist bei Sars nicht anders als bei Ebola.

Chan sucht nicht den großen Auftritt, sie gilt als nüchterne, aber zielstrebige Behördenchefin. 16 Jahre lang kümmerte sich die Ärztin in Hongkong um die Kindergesundheit, ehe sie 1994 an die Spitze der Behörde aufstieg. Bei der WHO startete sie 2003 als Abteilungsleiterin, vier Jahre später war sie die Chefin - wohl auch ihrer Erfahrungen mit Grippeviren wegen. Jenseits aller Epidemien, etwa der Schweinegrippe, müht sie sich seither um eine Reform der UN-Unterorganisation, um eine Verschlankung des Apparats - und um Geld. Denn finanziert wird die WHO zum großen Teil durch freiwillige Überweisungen ihrer Mitgliedstaaten. Ein wenig Aufmerksamkeit der G 7 kann da nicht schaden.

© SZ vom 08.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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