Profil:Manuela Carmena

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Mit 29 von 57 Stimmen im neuen Madrider Stadtrat wurde die 71-jährige Juristin Manuela Carmena zur Bürgermeisterin der Drei-Millionen-Stadt gewählt. (Foto: Andres Kudacki/AP)

Renommierte Juristin und neue, linke Bürgermeisterin von Madrid.

Von Thomas Urban

Bis zum Schluss wurde in der linksalternativen Gruppierung "Madrid heute" gezittert, ob es für ihre Kandidatin reicht. Es reichte: Mit 29 von 57 Stimmen im neuen Madrider Stadtrat, also der knappsten Mehrheit, wurde die 71-jährige Juristin zur Bürgermeisterin der Drei-Millionen-Stadt gewählt und löst somit die seit 24 Jahren regierenden Konservativen ab. Das neue Bündnis aus den bunt zusammengewürfelten Linksalternativen, das von der Anti-Establishment-Partei Podemos unterstützt wird und den Sozialisten (PSOE), hat seine erste Bewährungsprobe überstanden.

Als heimliche Anhängerin der damals verbotenen kommunistischen Partei hatte sie sich nach dem Abschluss ihres Jurastudiums in Madrid in den letzten Jahren des Franco-Regimes als unerschrockene Verteidigerin von inhaftierten Gewerkschaftern einen Namen gemacht. Nach der Wiederzulassung der KP 1977 wurde sie Mitglied, trat aber wieder aus, als sie vier Jahre später Richterin wurde. Sie setzte sich energisch für die Ahndung von Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitsdienste Francos ein und erhielt dafür hohe Auszeichnungen. Die Richter der spanischen Hauptstadt wählten sie zur Vorsitzenden ihrer Standesvereinigung. Lange arbeitete sie auch an Verwaltungsgerichten, zuletzt wieder als Strafrichterin.

Nach ihrer Pensionierung vor fünf Jahren wurde sie in den Beirat der links orientierten Stiftung "Alternativen" berufen, dem auch die früheren sozialistischen Ministerpräsidenten González und Zapatero angehören. Bekannte bewegten sie zur Kandidatur für ein alternatives Bündnis, das die korrupten Seilschaften der konservativen Volkspartei (PP) verdrängen wollte. Zuvor ihren Mitbürgern weitgehend unbekannt, schaffte sie es dank der Unterstützung des digitalen Netzwerks von Podemos, mehr als eine halbe Million Stimmen bei der Kommunalwahl vor drei Wochen zu bekommen. Die PP-Kandidatin Esperanza Aguirre bekam zwar mehr als doppelt so viele Stimmen, doch gehört sie zur erzkonservativen alten Garde ihrer Partei und war deshalb für keine der anderen Gruppierungen im Stadtrat akzeptabel.

Carmena hat vor den Wahlen die Verstärkung sozialer Leistungen, eine Reichensteuer und ein Grundgehalt für alle versprochen. Ihre Kritiker werfen ihr vor, damit die Wähler manipuliert zu haben, denn diese Versprechen seien angesichts leerer Kassen nicht realisierbar (abgesehen davon, dass die meisten Punkte gar nicht in der Zuständigkeit der Stadt liegen). Jedenfalls ist ihr Spielraum sehr begrenzt, zumal sie sich einer von der PP dominierten Stadtverwaltung und Regionalregierung gegenübersieht. Doch nicht nur dort wartet man auf ihr Scheitern, sondern auch bei den traditionsbewussten Sozialisten, die sich mit der Rolle des Juniorpartners in der Linkskoalition schwertun. Gefahr für ihre knappe Mehrheit droht aber auch aus dem eigenen Wahlblock, da Carmena in den Augen mancher Aktivisten zu bürgerlich und etabliert ist.

© SZ vom 15.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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