Profil:Lutz Michael Fröhlich

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Ex-Fußballschiri, der nun Frieden bei den Schiris herstellen soll.

Von Johannes Aumüller

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Mit konfusen Situationen kennt sich Lutz Michael Fröhlich aus, das zeigen zwei der berühmtesten Szenen seiner Schiedsrichter-Karriere. Die eine war 1998, als er Bremens Torwart Oliver Reck Gelb-Rot zeigte, obwohl der vorher gar nicht verwarnt worden war. Die andere war 2004, als er dem Münchner Michael Ballack Gelb-Rot zeigte, obwohl der gar nichts gemacht hatte.

Beim ersten Mal ist Fröhlich arg kritisiert worden, auch wegen seines Vortrags, er habe Rot zeigen wollen, beim Griff in die Brusttasche aber alle Karten herausgeholt und versehentlich zuerst Gelb gegeben, aber angeblich noch auf dem Platz alles geklärt. Beim zweiten Mal ist er arg gelobt (und gar mit einem Fairplay-Preis ausgezeichnet) worden, weil er sich noch auf dem Platz überzeugen ließ, dass in Wahrheit Bastian Schweinsteiger der Übeltäter war - und er Ballack statt des Verweises einen Handschlag als Entschuldigung gab.

Konfusion, das ist auch das aktuelle Stichwort zum deutschen Schiedsrichterwesen. Und diesmal soll Fröhlich, 60, sie nicht stiften, sondern lösen. Es geht zum einen um interne Vorwürfe gegen die Schiedsrichter-Funktionäre Herbert Fandel und Hellmut Krug, die trotz Einschaltung der Ethikkommission nicht ausermittelt sind; von Mobbing und Machtmissbrauch ist die Rede. Und zum anderen um die Aufregung über den Videoassistenten.

Seit Sommer testet die Bundesliga die Technikhilfe, die im Kern so funktioniert: Ein Unparteiischer sitzt in einem Raum in Köln und kann sich strittige Szenen am Monitor ansehen - und dem Hauptschiedsrichter Hinweise geben. Dass das zeitgemäß und wichtig ist, steht außer Frage, und schon oft verhinderte der Videoassistent in den vergangenen Wochen falsche Entscheidungen. Aber wechselnde Anweisungen zur konkreten Umsetzung sowie manch seltsamer Pfiff erzeugten in der Szene Unmut und Unsicherheit. Am Montag setzte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) daher den Video-Chef Hellmut Krug ab, für ihn übernimmt Fröhlich.

Der ausgebildete Kommunikationswirt genießt durchaus einen guten Ruf; anders als Krug gilt er nicht als Alphatier, sondern als umgänglich. Als Aktiver leitete Fröhlich 200 Bundesligaspiele, zudem war er Teil des Berliner Quartetts, das 2005 dem DFB Hinweise über das Tun des Schiedsrichter-Kollegen Robert Hoyzer gab - und so den Grundstein für die Aufdeckung des großen Wettskandals legte. Kurz nach seiner Laufbahn stieg er in den Funktionärsreigen ein, seit 2016 ist er gar Chef der "Elite-Kommission", die sich um die Referees aus den Profiligen kümmert. Am Umgang mit den aktuellen Problemen war er daher auch bisher schon maßgeblich beteiligt.

Jetzt erhält Fröhlich noch mehr Einfluss. Aber angesichts der Tatsache, dass es im deutschen Schiedsrichterwesen seit einem Jahrzehnt dauernd zu Skandalen kommt, ist die Frage, ob es reicht, Köpfe auszutauschen. Oder ob es nicht auf einen kompletten Wechsel des Systems hinauslaufen müsste.

© SZ vom 08.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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