Profil:Luca Zaia

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Siegreicher Gouverneur von Venetien mit großem Hang zum Pathos.

Von Oliver Meiler

Im Triumph fallen oft überzogene Schlagwörter, auch pathetische. Auf "Big Bang" muss man aber erst einmal kommen. Luca Zaia, Gouverneur der norditalienischen Region Venetien, sonnt sich gerade im Glück, das ihm ein gewonnenes Referendum über mehr Autonomie beschert. Es soll der Anfang von etwas Neuem sein, ein "Big Bang" eben. 57 Prozent der Venetier nahmen am Sonntag an der Abstimmung teil, die Zaia angestrengt hatte; von ihnen sprachen sich 98 Prozent für mehr regionale Befugnisse aus. Die Frage war so gestellt, dass man schwer dagegen sein konnte. Und so jubelt Zaia, als wäre ihm eine epochale Zäsur gelungen. In den Sinn kam ihm sogar das Bild vom "Mauerfall".

Bemerkenswert ist der Triumph vor allem für ihn persönlich. Selten hat sich ein italienischer Politiker so geschickt für eine nationale Hauptrolle empfohlen wie dieser 49 Jahre alte Venetier aus Treviso, Exponent der Lega Nord und früher zwei Jahre lang Landwirtschaftsminister in einem Kabinett Silvio Berlusconis. Zaia wird nun als möglicher Premier gehandelt, sollte die Rechte die nächsten Parlamentswahlen gewinnen. So schnell geht das. Dabei war die Sache mit dem Referendum ein politischer Trick. Eigentlich braucht es in Italien gar keine Volksbefragung, damit eine Region mit dem Zentralstaat über mehr lokale Befugnisse verhandeln kann. Die Referenden waren also weder nötig noch sind sie jetzt bindend.

Doch Zaia und sein Parteikollege Roberto Maroni, Regionspräsident der Lombardei, wo es ebenfalls eine Volksabstimmung über mehr Autonomie gab, versprechen sich davon auch einen Schub für ihre eigenen politischen Ziele. Und das vom Staat finanziert, gratis also. Eine Zeitung schrieb von einem "Wahlspot". Beide gehören dem moderaten, wirtschaftsliberalen, orthodoxen Flügel der Lega Nord an, jener Tradition also, die sich als Avantgarde Norditaliens versteht. Früher, mit Umberto Bossi, trat die Partei für die Sezession ein. Heute gibt sie sich mit etwas Autonomie zufrieden. Unter dem neuen Chef Matteo Salvini ist die Lega sogar zu einer rechtspopulistischen, nationalistischen Partei geworden, die auch im Süden für sich wirbt. Für die Partei-Pioniere ist das eine schier häretische Abkehr von der eigenen Identität.

Zaia belebt sie neu. Er ist der Gewinner der Stunde. Seinen Auftritt umweht eine Aura der Süffisanz. Das lockige Nackenhaar reibt er mit Pomade ein, seine Anzüge trägt er eng und eher zu klein. Doch von allen zwanzig "Governatori" in Italien ist Zaia der populärste, über Parteigrenzen hinaus. Er gilt als "institutionell", wie Italiener sagen, wenn sie einen Politiker für verlässlich und pragmatisch halten. Manchmal fabuliert der Gouverneur aber. Er werde dafür sorgen, dass Venetien 90 Prozent der Steuern für sich behalte. Das aber kann Zaia gar nicht einfach bestimmen. Er träume davon, dass der Zentralstaat die Venetier nicht mehr benachteilige. "La mia gente", sagte er, mein Volk. Im Triumph wird alles etwas zu groß.

© SZ vom 24.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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