Profil:Li Ka-shing

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Reichster Mann Asiens, der in China plötzlich als "unpatriotisch" gilt.

Von Kai Strittmatter

Wahrscheinlich gibt es in Hongkong keine Karriere, auf die sie stolzer wären als auf die von Li Ka-shing: Kriegskind, Schulabbrecher, Flüchtling, bald reichster Mann Hongkongs, dann Asiens. "Supermann" nennen sie ihn in Hongkong. Alles, was dieser Geschäftsmann anfasst, wird zu Gold. Seit Jahrzehnten starren viele weniger begabte Investoren auf Li Ka-shings nächsten Schritt. Egal ob Immobilien, Häfen, Infrastruktur oder Telekommunikation - seine Instinkte haben den Mann fast noch nie getrogen.

Eben das erklärt aber auch zum Teil die wütenden Attacken, die sich Li Ka-shing, 87, mit einem Mal von Chinas Propagandasprachrohren gefallen lassen muss, die ihn plötzlich "undankbar" und "unpatriotisch" schimpfen, einen Verräter. Ausgerechnet Li, der Hongkonger Kapitalist, der als einer der ersten mit Pekings Kommunisten ins Bett stieg. Berater von Deng Xiaoping war er, Investor der ersten Stunde in den 1980er-Jahren in seinem sich langsam öffnenden Heimatland.

Dort war er 1928 im südchinesischen Chaozhou als Lehrersohn zur Welt gekommen, später hatte er die Stadt in den Wirren des Bürgerkrieges Richtung Hongkong verlassen. Ein treuer Begleiter Pekings auf dem Weg zu Reform und Öffnung wurde er dann, ein Wohltäter zudem, stiftete Schulen und Krankenhäuser. Seine Geschäfte in China warfen mehr als genug ab, die Nähe zur Macht war dabei stets hilfreich.

Lis Vergehen jetzt? Er tut, was Investoren nun mal tun. Er kauft und verkauft. Nur: Er verkauft in China und kauft in Europa. Seit einiger Zeit stößt er große Investitionen in Shanghai und Peking ab. Gleichzeitig ging er in den letzten anderthalb Jahren für 20 Milliarden US-Dollar auf Einkaufstour in England, Holland und Italien. Unter anderem erstand er den britischen Telekomkonzern O2.

In China sehen sie darin einen Akt der Illoyalität und ein gefährliches Misstrauensvotum zu einer Zeit, da die Wirtschaft ins Stocken kommt und die Kapitalflucht eine große Gefahr ist. Dass Li zu Chinas unglücklich agierendem Statthalter in Hongkong, Leung Chun-ying, Distanz hielt, nehmen sie ihm in Peking zudem übel. Die wütenden Angriffe überraschten dennoch viele. Das Parteiblatt Volkszeitung beschimpfte den Milliardär als "unmoralisch" und "dumm" und prophezeite, er werde sein Handeln noch "bereuen". Das Magazin Liaowang titelte gar: "Lasst Li Ka-shing nicht entkommen."

Li hielt lange still, zuletzt aber schrieb er einen öffentlichen Brief, in dem er die Regierung höflich lobte, aber die an die Kulturrevolution erinnernde Hetze anprangerte. So etwas lasse einen "vor Furcht zittern". Li erinnerte daran, dass er noch immer mehr als 20 Millionen Quadratmeter Land in China besitze. Dann zitierte er einen Vers des Tang-Dichters Su Dongpo, der einst am Hof verleumdet wurde und viele Jahre in der Verbannung lebte: "Dort, wo mein Herz Frieden findet, soll meine Heimat sein."

© SZ vom 12.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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