Profil:Ólafur Ragnar Grímsson

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Islands langjähriger Präsident mit wenig Neigung zum Aufhören.

Von Silke Bigalke

Als Ólafur Ragnar Grímsson am Montag die Presse einbestellte, tat er geheimnisvoll. Doch viele Isländer ahnten bereits: Der Präsident will bleiben. Schon wieder. Dabei hatte Grímsson erst an Neujahr angekündigt, er werde bei der nächsten Wahl im Juni nicht wieder antreten. Der 72-Jährige ist bereits seit 20 Jahren im Amt, doch gerade jetzt, argumentiert Grímsson, könne das vom Panama-Papers-Skandal gebeutelte Island nicht auf seine Erfahrung verzichten. Die politischen Unruhen, die Regierungskrise, die Menschen, die ihn zum Bleiben gedrängt hätten - all das habe ihn umgestimmt.

Es ist nicht die erste Kehrtwende des Staatsoberhauptes. Bereits Anfang 2012 hatte Grímsson seinen Abschied versprochen - nur um sich im Sommer darauf doch wieder zur Wahl zu stellen. Seinen Anhängern zuliebe, hieß es damals unter anderem. Dieses Mal also sind es die Proteste gegen die Regierung in Reykjavik, die ihn festhalten. Seit bekannt wurde, dass Premier Sigmundur Davíð Gunnlaugsson sowie zwei Minister Anteile an Briefkasten-Firmen in Steueroasen besessen und dies verschwiegen hatten, fordern viele Isländer Neuwahlen. Premier Gunnlaugsson ist bereits zurückgetreten. Der Präsident müsse notfalls dafür sorgen, dass das Land nicht führungslos bleibe, sagt Grímsson.

Der Präsident als Krisenmanager. Viele glaubten, es könnte Grímssons letzter großer Auftritt werden, als dieser nach den Panama-Enthüllungen eine USA-Reise abbrach und nach Hause eilte, um die Dinge zu regeln. Er traf sich mit dem angeschlagenen Premier und verweigerte diesem die Erlaubnis, das Parlament aufzulösen. Danach blieb Gunnlaugsson nur der Rücktritt. Präsident Grímsson dagegen traf die Organisatoren der Proteste, er vereidigte ein neues Kabinett, er war die Konstante in der Krise. Einer, der Machtkämpfe nicht nötig hat, weil er sein Amt bald ohnehin abgibt. Nun hat er seinen Kurs geändert.

Der isländische Präsident hat vor allem repräsentative Aufgaben. Doch Ólafur Ragnar Grímsson hat sich oft eingemischt, wiederholt Politik gegen das Parlament gemacht und Gesetze verhindert. Zweimal ging es dabei um Entschädigungen, die die Isländer ausländischen Sparern nach der Bankenpleite zahlen sollten. Grímsson verweigerte die Unterschrift und ließ das Volk abstimmen. Das Nein des Präsidenten und das der Isländer wurden zum Symbol für deren Selbstbehauptungswillen.

Dabei steht Grímsson sonst nicht gerade für Prinzipientreue. Der promotivierte Politikwissenschafter hat sich oft gewandelt, er begann seine Karriere in der rechtsliberalen Fortschrittspartei, wechselte zu den Sozialisten, war Professor, später Finanzminister und gewann trotz seiner linken Vergangenheit als Präsident das konservative Lager für sich. Dort ist er auch deswegen beliebt, weil er einen EU-Beitritt strikt ablehnt. In die Wahl am 25. Juni geht Grímsson bisher als Favorit - noch ist er von allen Kandidaten der, dem die Bürger am meisten vertrauen.

© SZ vom 20.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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