Profil:Karl-Thomas Neumann

Lesezeit: 2 min

Opel-Chef, der derzeit dem Willen seiner Chefs ausgeliefert ist.

Von Thomas Fromm

Karl-Thomas Neumann, den sie bei Opel wegen seiner Twitter-Aktivitäten den "digitalen CEO" nennen, stellte seine Kurz-Kommunikation am vergangenen Dienstag fürs Erste ein. Es war die Zeit, in der die Nachricht in Rüsselsheim aufschlug, und da keiner zurzeit sagen kann, ob und wann der französische Autobauer Peugeot Citroën tatsächlich Opel schlucken wird, weiß auch niemand, was aus dem Opel-Chef wird.

Was also sollte Neumann, 55, seit vier Jahren Opel-Chef, jetzt noch twittern? Zuletzt soll er noch an einer großen Elektroauto-Strategie für seinen Konzern gefeilt haben. Nur hat die Konzernmutter General Motors (GM) offensichtlich andere Pläne für ihre Tochter, die seit fast 90 Jahren zu ihr gehört. Da kann man noch so viele eigene Pläne und Strategien in der Schublade haben - Ober sticht Unter. Und als Chef eines Konzerns, der gerade verkauft werden soll, wird man dann zum Objekt der großen Mächte.

Objekt statt Subjekt? Die Rolle passt eigentlich nicht zu Neumann. Der Mann ist eher der selbstbewusste Macher-Typ. Fremdbestimmt zu sein, das gehört nicht zu seinem Rollenverständnis. Vielleicht auch deshalb hatte er immer ein Gespür dafür gehabt, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Wenn, und das ist die eigentliche Tragik des Karl-Thomas Neumann, oft auch nur für kurze Zeit.

Er war beim Autozulieferer Continental, als der die Siemens-Auto-Sparte VDO schluckte. Dann aber schwang sich der Rivale Schaeffler zum Großaktionär von Continental auf und hatte seine eigenen Ideen - Neumann ging. Bei Volkswagen wurde er sodann China-Chef, und zwar in einer Zeit, in der China als Auto-Wunderland galt. Natürlich wollte er nicht bis zur Rente dort bleiben; Neumann galt als einer der möglichen Nachfolger des damaligen VW-Chefs Martin Winterkorn. Doch der Außenseiter Neumann hatte in diesem Wolfsburger Fürstentum keine Hausmacht, auch soll er mit Winterkorn nie warm geworden sein. Zwei Alpha-Männer, in einer Firma - das geht oft schief.

Und so zog Neumann wieder weiter, diesmal zu Opel. Der Konzern war nach etlichen Chefwechseln seit Jahren in den roten Zahlen und ein besonders schwerer Sanierungsbrocken. Neumann wusste, dass es der härteste Job war, den die Industrie zu bieten hatte - aber vielleicht ja auch ein Sprungbrett für den nächsten Top-Job. Neumann versuchte es mit dem Kleinwagen Adam, startete seine "Umparken-im-Kopf"-Werbekampagne, doch auch 2016 machte Opel keinen Gewinn. Schlecht für Neumann, denn die US-Mutter GM bestand darauf: Wenn umparken, dann bitte auch im Geschäftsbericht. Vor Monaten war er als neuer Audi-Chef im Gespräch. Neumann dementierte mit der Begründung, bei Opel sei es gerade spannend. Und er sagte: "Wenn sich das mal ändern sollte, werde ich das twittern." Nun weiß man zumindest, wo man im Fall der Fälle nachsehen muss.

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: