Profil:Julio Rodríguez

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Julio Rodríguez, Spaniens früherer Generalstabschef und Kandidat der linken Podemos. (Foto: Juanjo Martin/dpa)

Spaniens früherer Generalstabschef und Kandidat der Podemos.

Von Thomas Urban

In Deutschland gab es einst den Fall des Generalmajors Gert Bastian, der sich zum Rüstungsgegner wandelte und als Abgeordneter für die Grünen im Bundestag saß. Spanien erlebt derzeit Ähnliches - wenn auch eine Nummer größer. Denn José Julio Rodríguez Fernández war nicht nur (wie Bastian) einer von einigen Dutzend Divisionskommandeuren, sondern als Generalstabschef der ranghöchste Soldat des Königreichs. Nun hat er seine Landsleute damit überrascht, für die linksalternative Gruppierung Podemos zu kandidieren. Er ist die Nummer zwei auf der Liste der Partei im Bezirk Zaragoza, hat also gute Chancen, bei der Parlamentswahl am vierten Adventssonntag ein Mandat zu erringen.

In der konservativen Presse herrscht große Aufregung über diesen, wie es heißt, "Verrat". Doch der 67-Jährige hält dagegen: Zum einen sei es ein höchst patriotischer Akt, eine politische Gruppierung zu unterstützen, die sich dem Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit verschrieben habe und gegen die Korruption, die das Land lähme; zum anderen werde er bei Podemos Überzeugungsarbeit leisten, nämlich für die Nato. Der neomarxistischen Flügel der Partei fordert den Austritt Spaniens aus der Militärallianz, doch dies hält Rodríguez für grundfalsch. Formales Podemos-Mitglied werden möchte der Vier-Sterne-General a. D. aber nicht.

Rodríguez hat es schon einmal auf die spanischen Titelseiten geschafft. Das war 2008, als er bei der Übernahme seines Postens den Amtseid ohne das Bekenntnis "so wahr mir Gott helfe" leistete, sondern nur Verfassungstreue gelobte. Er galt schon damals als "linker General", als Favorit des sozialistischen Premiers José Luis Zapatero. In den Jahren zuvor hatte Rodríguez eine unauffällige militärische Karriere absolviert. Als Halbwüchsiger begeistert vom faschistischen Diktator Franco, hatte er sich gleich nach der Schule zur Luftwaffe gemeldet. Alle Lehrgänge schloss er mit Auszeichnung ab, er wurde Kampfpilot und bekam auch die Lizenz für Transportmaschinen. In den Achtzigerjahren wurde er zu einer Gruppe von Spitzenoffizieren aus mehreren Nato-Ländern als Berater bei der Entwicklung des Eurofighter nach München abgeordnet. Nach Verwendungen bei der Nato und als Divisionskommandeur in Zaragoza übernahm Rodríguez im Verteidigungsministerium die Abteilung für Informationssysteme in der Luftwaffe. Bei den Planungskonferenzen fiel er den Politikern als reformorientierter Analytiker auf.

Seine Zeit als Generalstabschef endete dann allerdings mit der Übernahme der Regierung durch die Konservativen Ende 2011. Zuletzt betätigte sich Rodríguez in einer Stiftung, die Konzepte für eine innere Demokratisierung der noch sehr in alten Denkmustern verhafteten königlichen Streitkräfte ausarbeitet. Seine Kandidatur bei Podemos hatte für ihn freilich schon erste Konsequenzen: Die Militärführung sieht ihn offenbar nun als Sicherheitsrisiko an, formal wurde er vorsorglich aus der Reserve gestrichen.

© SZ vom 10.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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