Profil:Iván Duque Márquez

Lesezeit: 2 min

Kolumbiens neuer Präsident gibt sich versöhnlicher als seine Vorgeschichte vermuten lässt.

(Foto: Fernando Vergara/AP Photo)

Über Iván Duque heißt es, er sei pflichtbewusst, intelligent, ehrgeizig und ein sehr guter Sohn. Mit den drei erstgenannten Eigenschaften machte er rasch Karriere als Anwalt und Banker. Mit der vierten wurde er jetzt Präsident von Kolumbien.

Iván Duque Márquez, 41, hat im Grunde zwei Väter: einen leiblichen und einen politischen. Wobei der leibliche Vater, Iván Duque Escobar, ebenfalls Politiker war. Er brachte es immerhin zum Minister für Bergbau. Iván Duque Jr. soll schon im Alter von neun Jahren von dem Job geträumt haben, der dem Senior verwehrt blieb: Staatschef. Der Weg dorthin war dann nicht allzu weit für einen, der in die Elite Kolumbiens hineingeboren wurde. Ein Land, das in vielerlei Hinsicht noch wie ein Feudalstaat funktioniert: arm und reich, machtlos und einflussreich säuberlich getrennt. Um aber ganz nach oben zu kommen, suchte Iván Duque beizeiten die Nähe zu jenem Mann, der den Status quo, den Konservatismus, die wirtschaftliche und politische Elite wie kein anderer verkörpert: Ex-Präsident Álvaro Uribe, der von 2002 bis 2010 regierte und seither im Hintergrund die Fäden zieht. Uribe ist Duques zweiter Vater.

Iván Duque, ganz der gute Sohn, hat Álvaro Uribe zunächst als Ghostwriter bei dessen Autobiografie unterstützt. Der Mentor bedankte sich in den Anmerkungen mit dem Satz: "Iván ist mehr als intelligent, ich bin sicher, dass er eine brillante Zukunft vor sich hat." Für diese Zukunft sorgte Uribe dann höchstselbst. Er beförderte den jungen Duque zunächst zum Senator seiner rechtskonservativen Partei Centro Democrático und kürte ihn schließlich zur allgemeinen Überraschung zum Präsidentschaftskandidaten. Viele hatten vermutet, dass Uribe selbst noch einmal antreten würde. Jetzt muss sich Kolumbien wohl auf eine Art Uribismo 2.0 einstellen.

Was das für den vom scheidenden Präsidenten Juan Manuel Santos initiierten Friedensprozess bedeutet? Menschenrechtsexperten befürchten: nichts Gutes. Álvaro Uribe steht mit seiner Politik der harten Hand für die schmutzigste Phase des kolumbianischen Bürgerkrieges, der in 50 Jahren mehr als 200 000 Tote gefordert hat. Heute ist Uribe der schärfste und prominenteste Gegner der Friedensvereinbarung mit der ehemaligen Farc-Guerilla. Auf sein Betreiben wurde Santos' Abkommen im Oktober 2016 in einer Volksbefragung abgelehnt. Einer der Sprecher von Uribes Nein-Kampagne war Iván Duque. Aus Sicht seines politischen Ziehvaters war dies wohl seine Reifeprüfung.

Die große Frage wird sein, wie viel Uribe nun tatsächlich zurückkehrt in die Casa de Nariño, den Präsidialpalast in Bogotá. Duque hat in der entscheidenden Phase des Wahlkampfes seine Wortwahl unüberhörbar entschärft. Er versicherte, den Friedensprozess nicht komplett zurückzudrehen; wohl aber will er ihn an vielen Stellen verändern. Seine Siegesrede am Sonntagabend klang erstaunlich versöhnlich. Das könnte ein erstes Anzeichen für eine Emanzipation von Uribe gewesen sein. Wenn das sein Ziel ist, hat er sich einiges vorgenommen, hat er doch jenseits seines Förderers keinerlei Hausmacht in Uribes Partei.

Einen Großteil seiner bisherigen Karriere verbrachte er bei der Interamerikanische Entwicklungsbank in Washington. Auch seine drei Kinder wurden in den USA geboren. Die Jahre in den USA haben seine Denkweise geprägt: Duque glaubt an die Kraft der freien Märkte und an den schlanken Staat. Um die Ursachen des Bürgerkrieges zu beheben, bräuchte Kolumbien aber eher Sozialprogramme, eine Landreform, mehr Staatspräsenz in Gegenden, wo bislang nur das Verbrechen regiert.

Was den Friedensbefürwortern allerdings Hoffnung macht: Es gab schon einmal einen Präsidenten, der als mutmaßliche Marionette des Kriegstreibers Uribe ins Amt einzog und sich dort dann komplett neu erfand: Es war der spätere Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos.

© SZ vom 19.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: