Profil:Gonen Segev

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(Foto: Yariv Hatz/AFP)

Ex-Minister aus Israel, der angeblich Irans Top-Spion sein soll.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Nicht einmal in einem schlechten Spionage-Thriller käme man auf diese Idee: Der ehemalige israelische Minister Gonen Segev soll 2012 in Nigeria in die iranische Botschaft marschiert sein und seine Dienste als Spion angeboten haben. Die Iraner ließen sich offenbar nicht lange bitten. Zwei Mal soll der 62-Jährige sogar nach Iran gereist sein. Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung in Äquatorialguinea im Mai soll er noch als Agent aktiv gewesen sein. Er wurde nach Israel ausgeliefert und intensiv verhört. Die Regierung machte den Fall am Montag publik, Segev wurde wegen Spionage angeklagt.

Nach Erkenntnissen des israelischen Geheimdienstes Schin Bet hat Segev vertrauliche Informationen über Sicherheitseinrichtungen und Energie-Infrastruktur preisgegeben. Außerdem soll er über Personen, die im diplomatischen und im sicherheitspolitischen Bereich tätig sind, Auskunft gegeben haben. Mit seinen iranischen Kontaktleuten soll sich Segev in Hotels und Apartments in verschiedenen Ländern getroffen haben. Er soll auch eine Ausrüstung erhalten haben, um verschlüsselt mit ihnen kommunizieren zu können, teilte der israelische Geheimdienst mit - in einer ungewöhnlich ausführlichen Stellungnahme.

Über den Energiesektor und Infrastruktur weiß Segev Bescheid, schließlich war er als Minister für diese Bereiche zuständig. Als 35-Jähriger war der damalige Kinderarzt in die Politik eingestiegen. Sein Nachbar Rafael Eitan, der Gründer der ultranationalistischen Partei Tzomet, hatte ihn angeworben. Anfang 1994 gründete Segev die nicht ganz so weit rechts stehende Partei Jiud. Als der damalige Ministerpräsident Jitzchak Rabin Stimmen für die Verabschiedung des Oslo-Abkommens suchte, sicherte ihm die kleine Partei die Mehrheit im Parlament. Segev bekam den Ministerposten und den Ruf, ein Wendehals zu sein. Denn vor seinem Karrieresprung hatte er gesagt, er sei gegen den Friedensplan mit den Palästinensern.

Nach seinem Ausstieg aus der Politik 1996 verdingte er sich als Wirtschaftsberater. Das israelische Verteidigungsministerium warf ihm 2004 vor, sich an die Armee von Sri Lanka mit dem Angebot herangemacht zu haben, dass er zu einem günstigen Preis israelische Waffen beschaffen könne. Im gleichen Jahr wurde der Mediziner bei dem Versuch ertappt, eine unüblich große Menge an Pillen von den Niederlanden nach Israel zu bringen: Bei den 32 000 Tabletten handelte es sich um Ecstasy und nicht um Schokobonbons der Marke "M&M", wie Segev behauptete. Er zeigte auch einen eigentlich abgelaufenen Diplomatenpass vor, an dem manipuliert worden war. Zuvor war Segev damit aufgefallen, dass er seine Platinum-Karte bei der Kreditkartenfirma als gestohlen gemeldet hatte. Blöd war nur, dass Segev danach noch sechs Mal beim Abheben von insgesamt 5600 US-Dollar in Hongkong mit genau dieser Karte gefilmt worden war. Im Zuge der Ermittlungen tauchte zudem ein Konto in Luxemburg auf.

Seine medizinische Zulassung erhielt Segev nach seinem Gefängnisaufenthalt 2007 nicht mehr zurück. Er ließ sich in Nigeria nieder und gründete eine Klinik. Angehörige von Botschaften und Geschäftsleute, darunter viele Israelis, waren Patienten. Nach Geheimdienst-Angaben knüpfte er hier Kontakte nach Israel, die ihm für seine Spionagetätigkeit nützlich sein konnten. Er soll direkte Verbindungen zwischen Israelis und iranischen Geheimdienstmitarbeitern hergestellt haben, die er als Geschäftsleute vorstellte.

Im Falle einer Verurteilung droht Segev eine lebenslange Strafe. Weil er für den Erzfeind Iran spioniert haben soll, wird sogar diskutiert, ob er nicht zum Tode verurteilt werden könnte - was in Israel bislang nur ein einziges Mal, im Fall des NS-Verbrechers Adolf Eichmann, geschehen ist. Nach Angaben seines Anwalts hatte Segev eigentlich den Plan, die Iraner irrezuführen. Er habe gehofft, als Held in seine geliebte Heimat Israel zurückzukehren.

© SZ vom 20.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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