Profil:Giannis Stournaras

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Griechischer Notenbank-Chef mit Distanz zur Regierung Tsipras: Giannis Stournaras. (Foto: Alexandros Beltes/dpa)

Griechischer Notenbank-Chef mit Distanz zur Regierung Tsipras.

Von Mike Szymanski

Die Banken sind geschlossen, am Automaten gibt es maximal 60 Euro. Auch das kann sich bald schon wieder ändern, wenn auch dafür nicht mehr genug Geld da ist. Die griechischen Banken trocknen aus. Und die Bürger bunkern das Geld schon lange lieber daheim. 20 Milliarden Euro werden in Schränken und Bettwäsche vermutet. Kann es eigentlich noch schlimmer kommen für Notenbankchef Giannis Stournaras? Ja, kann es. Er hat es selbst schon einmal gesagt: Außerhalb des Euro warte ein "langsamer, schmerzhafter Tod".

Damals war er noch Finanzminister. Das war, bevor sein schulmeisterlicher Nachfolger Yanis Varoufakis in Brüssel den Verhandlungspartnern zu erklären versuchte, warum sich die Welt nach den Wünschen der Griechen zu drehen habe. Nun ist der Grexit - das Ausscheiden aus der Euro-Zone - zum Greifen nahe. Dafür gibt es in Europa kein Vorbild. Keiner weiß, wie lange die griechischen Banken noch durchhalten. Wird Stournaras derjenige sein, der den Griechen die Drachme zurückbringt? In Athen kann er dabei zuschauen, wie die Anhänger der Links-rechts-Regierung von Alexis Tsipras immer lauter "Ochi" ("Nein") rufen, wenn es darum geht, auf den letzten Millimetern, doch noch eine Einigung mit den Kreditgebern zu erzielen. Am Sonntag sollen die Bürger in einem Referendum über die Zukunft des Landes entscheiden. Am Ende heißt das: eine Zukunft mit oder ohne Euro.

Der 58-jährige Wirtschaftswissenschaftler war von Anfang an ein Befürworter des Euro. Er gehörte von 1994 an zum Beraterstab der Athener Regierungen, der die Aufnahme in die Euro-Zone begleitete. Mit geschönten Haushaltsdaten, mit denen sich das Land den Zugang erschlichen haben soll, habe er nichts zu tun gehabt, beteuert er immer wieder. Unbestritten ist sein Einsatz für den Verbleib des Landes im Euro. Als er im Krisenjahr 2012 Finanzminister wurde, setzte er die schmerzhaften Vorgaben aus Brüssel so konsequent um, dass er bald zum unbeliebtesten Minister der Regierung wurde. Als Anfang 2014 die Stimmung immer mehr gegen die Konservativen kippte, opferte der damalige Premier Antonis Samaras seinen parteilosen Minister. Stournaras hatte auf der Ausgabenseite im Vergleich zu 2009 knapp 16 Milliarden Euro eingespart. Für die Brüsseler Verhandlungspartner blieb er danach als Notenbankchef ein geschätzter Ansprechpartner - man vertraut sich.

Über das Verhältnis von Tsipras und Stournaras kann man das nicht behaupten. In der Tsipras-Partei Syriza gibt es nicht wenige, die den Banker gerne ablösen würden. Für sie ist er ein Verräter, der mit den Kreditgebern gemeinsame Sache macht. Andererseits dürfte es auch kein Zufall sein, dass vor ein paar Wochen eine E-Mail aus Kreisen der Zentralbank an die Öffentlichkeit gelangte, die eher die Versäumnisse der neuen Regierung auflistete als deren Verdienste. Ihn aus dem Amt zu treiben, wagte die Regierung aber bislang auch nicht.

© SZ vom 01.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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