Profil:Gary Oldman

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Der britische Schauspieler wagte sich an die Rolle des Winston Churchill.

Von Cathrin Kahlweit

Winston Churchill zu spielen, das haben schon viele versucht - mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Gary Oldman hat es jetzt für den Kinofilm "The darkest hour" (Die dunkelste Stunde) getan, in dem er den legendären britischen Premier in der schwersten Krise des Königreichs im 20. Jahrhundert, bei Kriegseintritt 1940, porträtiert - und er weiß, dass er nicht nur gut, sondern dass er exzeptionell war. Er habe gespürt, dass die Sache stimmt, sagt er beim Interview in einer Londoner Hotelsuite. Selten habe er sich so frei gefühlt in einer Rolle.

Der Schauspieler steckte bei den Dreharbeiten in einem Bodysuit, einem Ganzkörperanzug, der aus dem drahtigen, schmalen Endfünfziger einen schweren, untersetzten, korpulenten Politiker machte. Stärker noch verwandelte ihn aber die Maske, hinter der man nur noch vage die Gesichtszüge des Filmstars erkennt. 200 lange Stunden, täglich fünf Stunden, hat er während der Dreharbeiten mit den Maskenbildnern verbracht und sich eingefühlt. Monatelang habe er sich zudem eingelesen, betont Gary Oldman, habe sich über Churchills Bücher, seine Reden der Person angenähert, habe sich seine Art zu sprechen zu eigen gemacht und natürlich das Kriegsmuseum unterhalb des Außenministeriums besucht, das 1940 die Kommandozentrale der Regierung war. Offenbar hatte er Respekt: Zwar atme seine Heimatstadt, ja das ganze Land bis heute den Mythos des alten Mannes, der als Retter Großbritanniens vor Hitler und als Kriegsheld in die Geschichte einging, aber es sei doch noch einmal etwas anderes, diesen Mann selbst zu verkörpern - mit allen Zweifeln, aller Gebrechlichkeit, allen Lastern.

Oldman, jenseits von Rolle und Maske ein zurückhaltender, höflicher Mann, wurde früher eher für Bösewichter gebucht; in Oliver Sto nes Film " JFK" über die Ermordung von John F. Kennedy hat er dessen Mörder gespielt und den Flugzeugentführer in "Air Force One". Aber in den Nullerjahren, als der gebürtige Londoner in den USA ein Star wurde, übernahm er immer öfter die Rollen der "Guten", wie er sagt, wiewohl gerne in düsterem Umfeld: Sirius Black, Harrys Patenonkel, in "Harry Potter" etwa, oder Commissioner Gordon in den "Batman"-Verfilmungen von Christopher Nolan.

Churchill zeigt er nun in der kurzen Phase nach dessen Amtsantritt, als er die Briten in seiner "Blut-, Schweiß-und Tränen-Rede" überzeugt, der Krieg sei unumgänglich. Der König zweifelt zwar am Premier, seine Partei intrigiert gegen ihn, Hitler ist auf dem Vormarsch, in Dünkirchen sind Zehntausende britische Soldaten eingeschlossen. Aber Churchill plädiert dafür, gegen die Nazis loszuschlagen, und gewinnt die Bevölkerung mit einer seiner berühmtesten Reden im Parlament: "We shall fight on the beaches" (Wir werden an den Stränden kämpfen).

Die Entscheidung von Regisseur Joe Wright für Oldman hat sich gelohnt: Den Golden Globe hat der 59-Jährige dafür gerade bekommen, nun wird er, wie 2012 für seine Rolle in "Dame, König, As, Spion", wieder für den Oscar gehandelt. Und er kann, weil er ziemlich stolz ist auf die Arbeit, nicht wirklich über die Frage lachen, ob alte weiße Männer wie er in Hollywood in diesem Jahr überhaupt noch Chancen auf die Auszeichnung hätten. Über Winston Churchill und seine Darsteller machen Briten keine Witze.

Oldman ist ganz oben, aber er war auch schon am Boden: Als Teenager brach er die Schule ab, bewarb sich vergeblich an der berühmtesten Schauspielschule des Landes, bevor er anderswo unterkam. In den Neunzigern kämpfte er mit seiner Alkoholsucht; mehrere Ehen, darunter die Verbindung mit Kollegin Uma Thurman, scheiterten. Unlängst hat er zum fünften Mal geheiratet und US-Moderator Jimmy Kimmel erzählt, er habe seine Frau, Gisela Schmidt, in Kostüm und Maske um ihre Hand gebeten: "Als Winston Churchill frage ich, willst du mich heiraten?" Sie hat Ja gesagt.

© SZ vom 13.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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