Profil:Francesca Chaouqui

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Francesca Chaouqui: von wilden Gerüchten umrankte Figur in der Vatileaks-Affäre. (Foto: dpa)

Von wilden Gerüchten umrankte Figur in der Vatileaks-Affäre.

Von Oliver Meiler

Ihr Mann nennt sie "Papessa" - Päpstin. Ein ungewöhnlicher Kosename, aber vielleicht nicht unpassend. Francesca Immacolata Chaouqui aus dem süditalienischen Cosenza, wo man Mädchen gern den Mittelnamen "die Unbefleckte" gibt, hat es als Fachfrau für Public Relations ohne auffällige Verdienste bis in die Machtzimmer des Vatikans geschafft, bis hinauf in eine päpstliche Kommission für die Reformen der Finanzen und Verwaltung. Das war 2013. Nun steht sie vor Gericht. Der Kirchenstaat wirft ihr vor, sie habe dabei geholfen, vertrauliche Dokumente an zwei Journalisten zu geben, die aus dem Material zwei Bestseller gemacht haben.

Es gibt etliche Versionen darüber, wie "Lady Kurie", wie die italienischen Zeitungen Chaouqui nennen, einst der Aufstieg gelingen konnte. Es sind bunte Geschichten. Sie handeln von Verschwörungen und Intrigen, von Verbindungen zu Geheimdiensten und einer amourösen Affäre. Mittlerweile ist schon so viel Stoff über die 33 Jahre alte Frau mit dem Wallehaar und einem Hang zum nervösen Redeschwall zusammengekommen, dass sich selbst Papst Franziskus an die bewegten Zeiten der Borgias erinnert fühlt. Auf seinem Heimflug aus Afrika sagte er zu den mitgereisten Journalisten, die ihn zum Skandalfall Vatileaks 2 befragten: "Fehlte nur noch Lucrezia Borgia." Lucrezia Borgia (1480 bis 1519), das muss man dazu wissen, war die uneheliche Tochter von Papst Alexander VI. Mit seinem scherzhaften Verweis wollte Franziskus wohl sagen: Romanhafter, skandalöser kann es gar nicht mehr kommen.

Hauptangeklagter im Vatileaks-Prozess ist der spanische Priester Lucio Angel Vallejo Balda, 54, ein Bonvivant. Er war Sekretär der Kommission und Chaouquis Förderer. Seit einem Monat sitzt er in einer Zelle der vatikanischen Gendarmerie, während sie nach einem kurzem Verhör wieder freikam. Er bestreitet nicht, dass er die Papiere ausgehändigt hat, will es aber nur unter Druck getan haben. Seinem Anwalt erzählte Balda, dass ihm Chaouqui damals von einem Kardinal empfohlen worden sei, der seinerseits unter dem Einfluss einer Gräfin gestanden habe, die ihrerseits Kontakte zu den Geheimdiensten pflege. Ein abenteuerliches Geflecht, wie es im Schatten der römischen Palazzi aber durchaus gedeihen kann. Und dann verriet der Monsignore auch noch, dass er sich in Chaouqui verliebt und sich mit ihr in Florenz verlustiert habe. Sie habe ihn damit erpresst.

"La Chaouqui" gibt sich empört. Wenn sie ihren Mann betrügen wolle, sagte sie den Medien, dann sicher nicht mit einem "alten Priester", sie kenne schließlich Milliardäre und Scheiche. Das Dementi hörte sich etwas kurios an. Die "Päpstin" hält sich für den klassischen Sündenbock, kündigt Klagen gegen alle an. Wo sie auch auftritt, begleiten sie Reportertrauben. Sie trägt oft eine Sonnenbrille. Doch das hilft nichts, man erkennt sie am Gang. Chaouqui wollte immer nach ganz oben. Nun ist ihr die eigene Geschichte über den Kopf gewachsen.

© SZ vom 02.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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