Profil:Ettore Rosato

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Italienischer Koalitionsschmied und Namensgeber des neuen Wahlgesetzes.

Von Oliver Meiler

Wenn Ettore Rosato dieser Tage Zeitung liest und fernsieht, begegnet er ständig seinem Namen. Überall. Die italienischen Medien haben den Namen leicht abgeändert und ein lateinisches Neutrum draus gemacht: Rosatellum. So nennen nun alle das neue Wahlgesetz, das sich gerade unter viel Drama einen Weg durch das römische Parlament bahnt. Im Frühjahr sollen die Italiener dann nach den neuen Regeln wählen. Fragt man Rosato, wie es kam, dass die Reform seinen Namen trägt, sagt er, ganz angetan: "Keine Ahnung, das ist eine Erfindung von euch Journalisten."

Eine solche Namensgebung ist zwar kein Ritterschlag, aber viel fehlt nicht. Rosatellum wird dann mal in den Geschichtsbüchern stehen neben all den anderen Wahlgesetzen von unterschiedlicher Güte und Fortüne: neben dem Mattarellum, dem Porcellum, dem Italicum.

Natürlich gibt es gute Gründe dafür, dass die Medien ausgerechnet Ettore Rosato als Paten des neuen Gesetzes auswählten. Der gelernte Buchhalter aus Triest, 49 Jahre alt, Vater von vier Kindern, ist Fraktionschef des sozialdemokratischen Partito Democratico in der Abgeordnetenkammer. Er tritt oft im Fernsehen auf, doch ein Charismatiker ist er nicht. Seine Stärke liegt im stillen und geduldigen Formen von Bündnissen, die es gar nicht geben dürfte, weil sie tiefe Parteigräben überbrücken. Rosato kommt ursprünglich von der Democrazia Cristiana, und die war zu ihrer Zeit vor allem bekannt für unheilige Allianzen. In diesem Fall gelang es Rosato, Silvio Berlusconis Forza Italia und die fremdenfeindliche Lega Nord zu gewinnen.

Zählen kann Rosato auch ganz gut, er war früher bei der Bank. Doch sicher war er sich seiner Sache trotz allem nicht. Und so überzeugte er den Premierminister davon, dass es gescheiter sei, das Schicksal des Rosatellum mit dem der Regierung zu verbinden und die Vertrauensfrage zu stellen. So konnten auf einen Schlag mehrere Hundert Änderungsanträge und 120 geheime Abstimmungen abgewendet werden. Hübsch ist das nicht. Doch ohne etwas Dampf von oben kämen in Italien nur wenige Reformen durch. Geheime Abstimmungen seien wie "Lotterien", sagt Rosato. Da könne man sich nicht einmal auf die eigenen Leute verlassen. Wirklich stolz ist er nicht auf sein Gesetz, es sei aber nun mal der bestmögliche Kompromiss.

Das Urteil der Gegner ist drastischer. Die Protestpartei Cinque Stelle, die sich durch den Mix aus Mehrheitswahl und Proporz benachteiligt fühlt, nennt das Rosatellum nun auch Fascistellum. Nicht einmal Benito Mussolini, brüllte einer ihrer Exponenten auf einer Piazza voll zorniger Anhänger, habe es gewagt, das Parlament so zu behandeln. Rosato sagt, da werde heillos dramatisiert, man stehe eben kurz vor Wahlen. Jemand warf den Befürwortern der Reform vor, sie würden sich an ihrem Gesetz "besaufen". Der Spruch war durchaus geistreich: Rosato ist nämlich das italienische Wort für Rosé, den Wein, der weder rot noch weiß ist.

© SZ vom 13.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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