Profil:Detlef Wetzel

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Gewerkschafter im Aufsichtsrat von Thyssen-Krupp.

Von Detlef Esslinger

Eine beliebte Frage, Ex-Prominente betreffend, lautet: "Was macht eigentlich ... ?" Es ist noch keine vier Jahre her, da wurde Detlef Wetzel zum Chef der IG Metall gewählt; und nun sind es schon wieder fast zwei Jahre, dass er es nicht mehr ist.

Er hatte das Glück, kurz vor seinem 60. Geburtstag doch noch in den Job aufzurücken, der als die Krönung eines Gewerkschafterlebens gilt; zugleich hatte er das Pech, damals eben kurz vor seinem 60. Geburtstag zu sein. Seine Gewerkschaft wollte unbedingt einen Generationswechsel im Vorstand einleiten, diesem Wunsch fügte er sich und machte Ende 2015 Platz. Er bekam viel Zeit für seine Bienen und seine Imkerei, ein wenig ist er aber auch noch im Beruf geblieben: vor allem als von der IG Metall entsandter Aufsichtsrat in der Thyssenkrupp-Steel-Europe AG. Normalerweise kein Posten, in dem man in der Öffentlichkeit groß sichtbar wird. Aber spätestens seit Mittwoch, seit der Bekanntgabe der Fusion mit dem indischen Konkurrenten Tata, ist in dem Stahlkonzern Schluss mit normal.

Die IG Metall muss sich nun stark geben, ohne genau abschätzen zu können, wie stark sie in den wohl anstehenden Auseinandersetzungen ist. Am Mittwoch verlangte Wetzel von dem Konzern unter anderem "Garantien" für die Beschäftigten, er sagte: "Wenn das nicht passiert, dann wird das nichts." Am Donnerstag, bei einem Telefonat, präzisierte er: Bei der Ankündigung von Thyssenkrupp, die Fusion werde in dem deutschen Konzern 2000 Arbeitsplätze kosten, handele es sich nur um die halbe Wahrheit. Über diese Zahl haben alle berichtet; weitgehend unbeachtet geblieben ist jedoch ein anderer Satz in der Presse-Erklärung des Vorstands: dass vom Jahr 2020 an das Produktionsnetzwerk des neuen Konzerns überprüft werde, und dass sich "zusätzliche Synergien aus dieser Integration zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht quantifizieren lassen". Wetzel ist seit 1980 Gewerkschafter, er weiß, wie er solche Schwurbelformulierungen zu lesen hat: "nämlich so, dass die wahren Bedrohungen erst ab 2020 kommen werden".

Können er und seine Gewerkschaft diese abwehren? Über die Fusion muss eines Tages der Aufsichtsrat der Thyssenkrupp AG entscheiden. In ihm stellen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zwar jeweils zehn Mitglieder; der von den Eignern gestellte Vorsitzende könnte jedoch ein Patt mit seinem doppelten Stimmrecht aufheben. Die Hoffnung der IG Metall besteht darin, in der Firmenkultur von Thyssenkrupp einen Hebel zu haben: Wetzel sagt, der Aufsichtsrat dort habe seine Beschlüsse bisher immer einstimmig gefasst. "Würde das nun anders, hätte es riesige Auswirkungen auf Stimmung, Umgang und Vertrauen in dem Konzern." An diesem Freitag mobilisiert die Gewerkschaft die Beschäftigten, vor dem Tor Süd des Werks in Bochum gibt es eine Kundgebung. Ihr früherer Vorsitzender wird einer der Wortführer und Redner sein.

© SZ vom 22.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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