Profil:Dalia Grybauskaité

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Dalia Grybauskaité: Litauische Präsidentin ohne Verständnis für Athens Geldsorgen. (Foto: Stephanie Lecocq/dpa)

Litauische Präsidentin ohne Verständnis für Athens Geldsorgen.

Von Julian Hans

Sie hat ja selbst vorgemacht, dass es auch anders geht. Dass man mit Sparen und harten Reformen gewinnen kann. 2009 steckte ihr Land in der tiefsten Wirtschaftskrise, seit es seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion erlangt hatte. Die internationale Finanzkrise hatte das Baltikum hart getroffen, Litauens Wirtschaft brach um 20 Prozent ein. Dalia Grybauskaité versprach nichts, sie schilderte die Lage so düster, wie sie war, kündigte schmerzhafte Einschnitte an - und gewann die Wahl.

Im Streit mit Griechenland tritt die litauische Präsidentin kompromisslos auf. Griechenland folgte 2001 als erster Nachrücker in den Euro-Klub, mit viel Schummelei, vor der man in Brüssel die Augen verschloss. Litauen ist erst zum 1. Januar dieses Jahres dazugekommen - nach jahrelangem harten Sparen. Dass das südlichste der baltischen Länder aber die EuroKriterien tatsächlich erfüllt, ist unstrittig. Die Schuldenquote liegt bei 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts; in Deutschland sind es 70, in Griechenland 170 Prozent. Das Haushaltsdefizit liegt deutlich unter der Drei-Prozent-Grenze.

Litauens Wirtschaft ist gesund, im vergangenen Jahr gehörte sie mit 2,9 Prozent Plus zu den am schnellsten wachsenden in Europa. Der Schnitt im Euro-Raum lag bei 0,8 Prozent. Allerdings herrscht noch längst kein breiter Wohlstand, die Litauer gehören zu den ärmsten Bürgern in der Euro-Zone. Renten und Gehälter sind niedriger als in Griechenland; die Gefahr der Altersarmut ist höher. Da kann Grybauskaité von ihren Wählern schlecht Solidarität mit den Griechen verlangen. "Die Zeit des Feierns auf Kosten anderer ist vorbei für Griechenland!", mahnt sie Athen.

Die Trägerin des schwarzen Gürtels in Karate schont sich selbst nicht. Als Tochter eines Elektrikers und einer Verkäuferin musste sie für ihren Erfolg hart arbeiten. Ihr Studium der politischen Ökonomie in Leningrad finanzierte sie mit einem Job in der Pelzfabrik Rotfront. Sie unterrichtete globales Finanzwesen an der Parteihochschule in Vilnius, als die Sowjetunion zusammenbrach und ihr Land die Unabhängigkeit erreichte. Statt einer Politikkarriere folgte ein Studium in den USA.

Die europäischen Institutionen kennt die 59-jährige Grybauskaité von innen. Von 2004 an war sie EU-Haushaltskommissarin und schon damals bekannt für ihr harsches Auftreten. Nach ihrer Wahl zur Präsidentin 2009 kürzte sie als erste Amtshandlung ihr eigenes Gehalt um die Hälfte. Ein Präsidentenflugzeug gibt es in Vilnius nicht, zur Beerdigung von Margaret Thatcher - neben Winston Churchill eines ihrer politischen Vorbilder - flog sie vor zwei Jahren mit dem Billigflieger.

Noch in einer anderen Krise schlug Grybauskaité besonders scharfe Töne an: Russland terrorisiere seine Nachbarn, sagte sie. Angesichts des Kriegs in der Ukraine fühlt auch ihr Land sich bedroht. 2008 hatte es die Wehrpflicht abgeschafft. In diesem Herbst sollen wieder Rekruten einberufen werden.

© SZ vom 10.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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