Profil:Bernhard Mattes

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Der Auto-Lobbyist ist in eigenmächtiger Mission unterwegs.

Von Thomas Fromm

Als Bernhard Mattes im März seinen Job als oberster Auto-Lobbyist der Republik antrat, schickte ihn die Branche als eine Art Diesel-Sonderbeauftragten nach Berlin. Das Image von Volkswagen und Co. war wegen der sich seit fast drei Jahren zäh dahinschleppenden Dieselaffäre im Keller, und Mattes, der neue Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), sollte sich vor allem um eines kümmern: den Ruf der Branche wieder aufpolieren.

Doch dann drehte US-Präsident Donald Trump so richtig auf und drohte der EU mit 20 Prozent Importzöllen auf Autos und Autoteile. In den Autohochburgen München, Stuttgart und Wolfsburg wissen sie genau: Was als Zoll gegen die EU verhängt werden könnte, dürfte dann vor allem der erfolgsverwöhnten deutschen Industrie kräftig das Geschäft vermasseln. Und so kam es, dass aus dem nationalen Diesel-Beauftragten Mattes in diesen Wochen zusätzlich noch eine Art oberster Zoll-Diplomat wurde.

Vorläufiger Höhepunkt der Mission war ein gemeinsamer Besuch mit den Chefs von VW, BMW, Daimler und Continental beim US-Botschafter Richard Grenell. Mit dem Mann, der Trumps "America first"-Doktrin nach Berlin bringen soll, hat der Ex-Manager wohl sogar eine sehr zentrale Position gemeinsam: Beide halten es für das Beste, auf Autozölle komplett zu verzichten, und zwar diesseits wie auch jenseits des Atlantik. Das könnte die Sache vereinfachen - wenn die beiden am Ende tatsächlich diejenigen wären, die über solche Fragen entscheiden könnten.

Mattes, der privat einen Ford Mustang fährt, ist einerseits der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Der Mann leitete jahrelang das Deutschlandgeschäft von Ford in Köln und war damit einer der wichtigsten internationalen Manager bei dem US-Hersteller. 2015 wurde er Präsident der "Amcham", der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland. Wenn Mattes also heute mit Amerikanern über Autos, Zölle und Gegenzölle redet, dann kann man davon ausgehen, dass er Bescheid weiß und seine Gesprächspartner gut kennt. In Zeiten, in denen immer weniger geredet und dafür umso mehr gedroht wird, ein echter Mehrwert.

Allerdings gefallen die bilateralen Zollgespräche zwischen VDA, Autoindustrie und dem US-Botschafter Grenell nicht allen. "Mir ist neu, dass Botschafter über derlei Fragen verhandeln. Was sind das für Methoden?", fragte SPD-Chefin Andrea Nahles jetzt in einem Zeitungsinterview. Wenn die amerikanische Regierung über Zölle reden wolle, sei das "eine Sache zwischen dem Handelsminister in Washington und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier". Schließlich sei Deutschland "keine Bananenrepublik". Kurzum: Grenell solle lernen, was seine Rolle ist.

Die Frage nach der Rolle des Botschafters darf man in diesem Fall durchaus auch als Frage nach der Rolle von Mattes und seinen Mit-Strategen verstehen. Ist es deren Job, mit dem Botschafter über Themen zu diskutieren, die die Europäische Union als Ganzes betreffen könnten? Seit wann verhandeln Automanager und ihre Verbandsvertreter die ganz großen Zollfragen? Und geht das überhaupt, ohne die anderen Autonationen Frankreich und Italien zu brüskieren?

In der Autoindustrie weiß man, dass der Spielraum begrenzt ist. Man wolle der Politik nicht vorgreifen, heißt es dort zu den aktuellen Gesprächen mit dem Botschafter. "Man spricht miteinander, man ist im Dialog." Und das schon seit einiger Zeit: Grenell war schon am 6. Juni bei einer Vorstandssitzung des VDA zu Besuch. Um einen Meinungsaustausch zum Thema Zölle soll es da unter anderem gegangen sein. Ein erstes Fazit: "Man nimmt unsere Ideen durchaus auf." Das muss natürlich noch nicht sehr viel heißen, schon gar nicht in Zeiten dieses US-Präsidenten. Aber der frühere Automanager Mattes hat hier einen Gesprächskanal in die USA aufgetan und hält ihn erst einmal offen. Wahrscheinlich, solange es irgendwie geht.

© SZ vom 09.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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