Profil:Bernard Cazeneuve

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Frankreichs Minister im Kampf gegen Terror und Hooligans.

Von Christian Wernicke

Es geht streng zu im Hause des Bernard Cazeneuve. "Stümperei erträgt er nicht", erzählt ein hoher Ministerialbeamter, "er will Ergebnisse sehen. Und Erfolge." Die Bilder aus Marseille, von prügelnden Hooligans und verwüsteten Straßen, zeigten das Gegenteil: eine überforderte Polizei, das pure Chaos. Frankreichs Innenminister Cazeneuve, der einen leisen wie kühlen Umgangston pflegt, rief noch in der Nacht zum Sonntag die Spitzenbeamten von Nationalpolizei und Gendarmerie zum Rapport. Kein Wort drang von der Krisensitzung nach draußen. "Aber die Temperatur im Saal dürfte weit unter dem Gefrierpunkt gelegen haben", mutmaßt ein früherer Mitarbeiter.

Das Ergebnis hat der 53 Jahre alte Sozialist dann selber vorgetragen, auf seine Art. Unaufgeregt, im eleganten Anzug mit weißem Stecktuch in der Brusttasche, hat Cazeneuve mit tonloser Stimme seine Beamten gegen Kritik in Schutz genommen. Ehe er dann mit messerscharfen, gerichtsfesten Worten die Ausweisung aller gewalttätigen Fans ankündigte. Der Mann mit dem fast kahlen Schädel ist Jurist, und der Technokrat in ihm liebt Bandwurmsätze wie diesen von "der Notwendigkeit, ausländische Anhänger, deren Verhaltensweisen die öffentliche Ordnung stören könnten, an die Grenze zu verbringen mit der Auflage, das Territorium zu verlassen". Cazeneuve unterlaufen nie Versprecher, überhaupt scheint er nie Luft zu holen beim Reden. Er formuliert druckreif, fürs Amtsblatt.

Wegen seiner körperlich kleinen Statur muss sich der enge Vertraute von Präsident François Hollande zwar regelmäßig Vergleiche mit Napoleon gefallen lassen. Aber Cazeneuve ist einer der wenigen Minister in der linken Regierung, dem die Franzosen Respekt zollen. Er hat sich bewährt, nach den Terroranschlägen im vorigen Jahr fanden seine Landsleute bei diesem Mann so etwas wie Halt: Der Innenminister strahlt Ruhe aus, wirkt verlässlich, unbestechlich, fast unpolitisch.

Das politische Handwerk erlernte Cazeneuve als Bürgermeister von Cherbourg, in der nationalen Politik galt er lange als Gefolgsmann des früheren Außenministers Laurent Fabius. Daher stammt die Skepsis, mit der Cazeneuve auf Europa schaut. 2005, beim Referendum über die EU-Verfassung, stimmte er mit "Nein" - um dann 2012, nach dem Sieg der Sozialisten, Staatssekretär für Europa zu werden. Cazeneuve gilt als Arbeitstier, und als Allzweckwaffe. Als Hollande 2013 einen Sparminister brauchte, um 50 Milliarden Euro im Staatshaushalt zu streichen, machte er Cazeneuve zum Budgetminister. Ein Jahr wiederum fehlte ein Innenminister - und Cazeneuve wurde "Premier Flic", der Hüter von Frankreichs innerer Sicherheit.

Er liebt sein Amt; "Innenminister ist man Tag und Nacht", sagt er. Seine Dienstwohnung, die der Vater zweier Kinder mit Ehefrau und Katze teilt, ist im Ministerium. Im Ernstfall braucht er fünf Minuten für den Weg ins Krisenzentrum. Höchstens.

© SZ vom 14.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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