Profil:Behgjet Pacolli

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Der Baulöwe aus der Schweiz wirkt als Strippenzieher in Kosovo.

Von Enver Robelli

(Foto: imago/ZUMA Press)

Wie kleine Buben saßen diese Woche die ehemaligen Befehlshaber der kosovarischen Rebellenarmee UÇK im Salon einer Privatvilla in der Hauptstadt Pristina. Der Hausherr Behgjet Pacolli hatte sich endlich bereit erklärt, mit seiner Minipartei das Bündnis der Politiker mit Kriegsvergangenheit im Parlament zu unterstützen. Damit könnte Kosovo drei Monate nach den Wahlen eine Regierung mit dem UÇK-Haudegen Ramush Haradinaj an der Spitze bekommen.

Keine der großen Parteien der albanischen Bevölkerungsmehrheit wollte eine Koalition mit den Ex-Rebellen bilden. Sie hatten mit ortsüblichen Methoden - Drohungen und Geldversprechen - versucht, Parlamentarier des gegnerischen Lagers zum Seitenwechsel zu locken. Das ist nun gelungen. Der Baulöwe Pacolli verlässt eine rechtsliberale Fraktion und will dem als korrupt geltenden Kriegsflügel zum Machterhalt verhelfen.

Selbstlos ist die Regierungsbeteiligung nicht. Pacolli hat nur drei Sitze im Parlament, soll aber die wichtigsten Ministerien erhalten, darunter die für Diplomatie und Wirtschaft. Ob das nicht unethisch sei, wurde er gefragt. Nein, sagte er, er habe nach dem Motto "Take it or leave it" gehandelt. Der 66-Jährige ist mehr Händler als Politiker. Seine Lebensgeschichte erzählt er wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Es war einmal ein Knabe, der in einem Dorf in Kosovo geboren wurde, in Hamburg eine Handelsschule abschloss und als Tellerwäscher arbeitete, um 1991 in Lugano die Baufirma Mabetex zu gründen. Bald wurde er mit der Renovierung des Kreml und mit prestigeträchtigen Bauten in Kasachstan reich und berühmt.

Die Schweizer Justiz warf ihm vor, er habe für Bauaufträge des russischen Staates den damaligen Präsidenten Boris Jelzin bestochen und dessen Töchtern Kreditkarten zur Verfügung gestellt. Ermittlungen wegen Geldwäsche blieben folgenlos, weil die Moskauer Justiz mit den Schweizer Behörden nicht zusammenarbeiten wollte.

In Kosovos Politik ging Pacolli 2006. Seine Claqueure verherrlichten ihn damals als reichen Onkel aus Lugano, der den armen Landsleuten helfe. Heute wird er nur noch mit umstrittenen Privatisierungen und Korruption in Verbindung gebracht. Die Öffentlichkeit nimmt ihn oft als gefährliche Witzfigur wahr. Er vermische Geschäftsinteressen und Politik, heißt es. Als Vizepremier schenkte er den Machthabern in Mali Computer und Sessel in der Hoffnung, der afrikanische Staat werde die Unabhängigkeit Kosovos anerkennen.

Er sei schon immer den Mächtigen nahegestanden, behauptet der Oligarch. So habe er dem jugoslawischen Führer Tito als Adjutant gedient - und ihn "sogar nackt" gesehen. Kritiker werfen Pacolli vor, mit solchen Fabeln von seinen früheren Verbindungen zum berüchtigten Belgrader Geheimdienst UDBA abzulenken. Pacolli ist mit einer Russin verheiratet. Die drei gemeinsamen Kinder besuchen Schulen im Tessin.

© SZ vom 08.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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