Profil:Antonio Tajani

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Antonio Tajani, Berlusconis Statthalter in Brüssel mit präsidentiellen Ambitionen (Foto: Patrick Seeger/dpa)

Berlusconis Statthalter in Brüssel mit präsidentiellen Ambitionen.

Von Alexander Mühlauer

Eines beherrscht Antonio Tajani ziemlich perfekt: den Augenaufschlag. Und dann dieser unschuldige Blick, als wollte er sagen: "Ich? Ich doch nicht!" Tajani sagt aber nichts. Er hebt nur die Lider und wartet ab, wie sein Gegenüber reagiert. Erst dann erklärt er seine Sicht der Dinge. Er tut dies mit ruhiger Stimme und, wie man nun weiß, auch sehr überzeugend. Tajani schickt sich an, Nachfolger von Martin Schulz (SPD) als Präsident des Europaparlaments zu werden. Am Dienstagabend kürte ihn die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) zu ihrem Kandidaten.

Der gebürtige Römer, 63 Jahre alt, setzte sich überraschend deutlich gegen seine drei Mitbewerber durch. Bereits im ersten Wahlgang lag er so weit vorne, dass selbst Fraktionschef Manfred Weber (CSU) einigermaßen pikiert geschaut haben soll. Tajani kann nicht sein Wunschkandidat gewesen sein, ist er doch ein Mann, der etliche politische Altlasten mit sich trägt.

Der Italiener ist seit 1994 in Brüssel. Er ist nicht nur Gründungsmitglied von Silvio Berlusconis Forza Italia, sondern auch ein enger Vertrauter des Mailänder Populisten. Tajani war so etwas wie Berlusconis Statthalter in der EU-Kapitale. Er weiß, dass viele in Brüssel ihn allein deshalb für nicht wählbar halten. Kein Wunder also, dass er jetzt vor allem eines betont: "Wir müssen Brücken bauen mit anderen politischen Gruppen gegen den Populismus."

Hinzu kommt ein weiterer Makel, den Tajani einfach nicht loswird. In seiner Zeit als EU-Industriekommissar habe er nicht strikt genug eingegriffen, als VW und andere Dieselmotoren manipulierten, um Abgasgrenzwerte einzuhalten, lautet der Vorwurf. Er selbst beteuert, weder er noch sein Kabinett seien damals über Manipulationen informiert gewesen. Nachweisen konnte man ihm bislang keine Verstrickung in die Abgasaffäre, aber es bleibt zumindest das Image des Großindustrie-Freunds Tajani. Beim Buhlen um Stimmen muss das kein Nachteil sein. Im Parlament sitzen genügend Abgeordnete, deren Wahlkreise vom Wohl der Industrie abhängig sind. Und all die anderen erinnert Tajani gerne daran, was er für ihr Land in seiner Zeit als EU-Kommissar Gutes getan habe.

Der Italiener ist bestens vernetzt, besonders bei den südeuropäischen Kollegen im Parlament. Genau das will er sich nun zunutze machen. Denn die EVP, der auch CDU und CSU angehören, ist zwar derzeit die stärkste Gruppe im Parlament; aber um die Mehrheit in der Präsidentenwahl zu bekommen, braucht Tajani auch Stimmen aus anderen Fraktionen.

Das wird nicht einfach, denn sein Hauptgegner kommt auch aus Italien. Gianni Pittella, Chef der Sozialdemokraten im Parlament, denkt gar nicht daran, die bisherige De-facto-Koalition zwischen seiner Fraktion und den Konservativen aufrechtzuerhalten. "Die Zusammenarbeit ist beendet, lieber Manfred", erklärt Pittella in Richtung EVP-Mann Weber. Was aber nicht heißt, dass er sich vielleicht mit Antonio einigen könnte.

© SZ vom 15.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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