Profil:Alessandro Di Battista

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Italienischer Abgeordneter der Fünf-Sterne-Partei, mit Strahlkraft auf der Piazza.

Von Oliver Meiler

Alle Sterne verblassen, nur einer leuchtet: Alessandro Di Battista, kurz "Dibba". Der italienische Abgeordnete strahlt und bebt bei seinen Reden, er turtelt mit seinem Publikum und feuert es an - offenbar kann ihm das Chaos in seiner Partei, der Protestbewegung Cinque Stelle (Fünf Sterne), nicht groß genug sein. Denn "Dibba", 38, gilt als Aufsteiger unter lauter Absteigern, als Rockstar in schwieriger Zeit. Das ist kein gutes Zeichen für eine Partei, die beweisen will, dass sie auch regieren kann und nicht nur poltern. Etwa in Rom, wo sie in Virginia Raggi nun die Bürgermeisterin stellt. Denn Di Battista steht fürs Poltern.

Er gehört schon lange zu den populärsten Figuren der Bewegung, sitzt auch in deren Geschäftsführung, dem "Direttorio". Beppe Grillo, der Gründer der Cinque Stelle, mag Di Battista besonders gerne, weil der ihm ähnlich ist: charismatisch, provokativ, einer, der die "Piazza" im Sturm für sich gewinnen kann. Im Sommer reiste Di Battista mit seinem Motorrad durch Italien, 4140 Kilometer in einem Monat. Jeden Abend füllte er eine andere Piazza, brüllte gegen die Regierung und ihre Verfassungsreform an. Zum Auftakt der Tour postete er ein Foto, das ihn beim Lesen im Bett zeigt. Die Pose erinnerte an das berühmte Foto von Che Guevara, der im Bett Goethe liest. So war es auch gedacht: "Dibba" ist ein Fan des Che, er hat Südamerika bereist.

Als er 2013 ins Parlament gewählt wurde, trat er gleich in den außenpolitischen Ausschuss ein. Sehr dossierfest war er allerdings nie. Einmal verwechselte Di Battista die Terrormiliz Islamischer Staat mit der palästinensischen Hamas. Empörung löste er mit dem Satz aus: "Sechzig Prozent des Territoriums von Nigeria werden von Boko Haram kontrolliert, der Rest von Ebola." In jeder Rede kommen unheilvoll die Geheimdienste KGB und Mossad vor, Großbanken und Freimaurer. Wo er politisch steht, ist nicht ganz klar. Im Foyer seines Elternhauses steht eine Büste von Mussolini. Sein Vater, der ebenfalls für die Fünf Sterne aktiv war, sagte einmal: "Ich, ein Rechter? Ich bin Faschist, das ist nicht dasselbe." Der Sohn wird oft darauf angesprochen, er blafft dann gehässig zurück.

An der Parteibasis kommt Di Battistas Art gut an. Doch zum Anführer, der Italien regieren könnte, sollten es die Cinque Stelle irgendwann einmal an die Macht schaffen, taugt Di Battista eher nicht. Er ist zu wenig institutionell, wie die Italiener sagen, nicht seriös genug. In dieser Rolle sieht die Partei eher den jungen Neapolitaner Luigi Di Maio, der wie ein Bankangestellter wirkt und moderate Töne anschlägt. Di Battista, der Jeans und Pullover bevorzugt, sind Rivalen. Strahlt Di Maio, ist Di Battista blass - und umgekehrt. Zuletzt hatte Di Maios Beliebtheit sogar die von Italiens Regierungschef Matteo Renzi übertroffen - doch dann verstrickte er sich in römische Intrigen und wurde Teil des Regierungsdebakels auf dem Kapitol. So ist nun wieder die Zeit von "Dibba" gekommen, der derzeit heller strahlt als seine Sterne-Partei.

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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