Problemzone Ruhrgebiet:Arm, und nicht mal sexy

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Einst war das Ruhrgebiet Deutschlands industrielles Zentrum, inzwischen sind Armut und Resignation an jeder Straßenecke zu sehen. Tief im Westen waren Politiker und Bürger lange zu stolz, um einzuräumen, dass es ohne fremde Hilfe nicht geht. Erst jetzt bringt die Landesregierung ein Notpaket für die Kommunen auf den Weg. Es ist der lang überfällige Anfang eines Aufschwung West.

Bernd Dörries

Von den Statistiken heißt es ja, dass man nur denen trauen soll, die man selbst gefälscht oder zumindest in Auftrag gegeben hat. Im Falle des Ruhrgebiets kann man noch so viel rechnen oder Daten erheben lassen, das Ergebnis wird immer wieder das gleiche sein: Da kippt etwas in Deutschlands Mitte und driftet ökonomisch an den Rand. "Problemzone Nummer eins in Deutschland", hat der Paritätische Wohlfahrtsverband das Ruhrgebiet nun genannt, nirgends sonst in Deutschland sei die Gefahr so groß, in Armut zu geraten: Soziale Unruhen drohten wie in London, brennende Autos und Häuser.

Die Armut kann man sehen im Ruhrgebiet, da muss man nur durch die Straßen fahren. Die brennenden Autos sieht man nicht und wird sie so schnell nicht finden. Der Unmut geht eher nach innen, in die Resignation. Man kann das daran ablesen, dass es im Pott Stadtviertel gibt, in denen die Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen nahe am einstelligen Bereich ist, man könnte von demokratiefreien Zonen sprechen. Was sollte man sich hier auch von der Politik erhoffen? Die hat sich jahrelang darum gekümmert, was im Osten passiert, hat dort die Innenstädte saniert, damit das Elend wenigstens eine schöne Kulisse hat. Der Westen könne sich schon selber helfen. Und im tiefen Westen hat man das vielleicht auch zu lange selbst geglaubt, war zu stolz, um zu sagen, es geht nicht mehr allein.

In jüngster Zeit hat sich nun aber etwas bewegt. Die Landesregierung hat den Kommunen ein Notpaket geschnürt, und die vielen Großkonzerne merken auch, dass sie etwas tun müssen, damit ihnen der Boden nicht unter den Füßen wegbricht. Für einen notwendigen Aufbau West reicht das noch nicht.

© SZ vom 22.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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