Pressefreiheit in der Türkei:Lange Haftstrafen für Cumhuriyet-Journalisten

  • Ein türkisches Gericht hat 14 Angestellte der Zeitung Cumhuriyet wegen Terrorvorwürfen zu Haftstrafen verurteilt.
  • Die Richter entschieden auch, den Fall des früheren Chefredakteurs Can Dündar getrennt fortzusetzen. Dündar lebt im deutschen Exil.

Im Prozess gegen die regierungskritische Zeitung Cumhuriyet in Istanbul sind 14 der angeklagten Mitarbeiter zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Der Herausgeber Akin Atalay wurde zu acht Jahren, einem Monat und 15 Tagen Haft verurteilt, der Chefredakteur Murat Sabuncu und der Investigativjournalist Ahmet Şık zu je siebeneinhalb Jahren. Gegen mehrere andere Mitarbeiter des Blattes wurden kürzere Haftstrafen verhängt. Drei Angeklagte wurden freigesprochen. Das Gericht entschied außerdem auch, den Fall des früheren Chefredakteurs Can Dündar getrennt fortzusetzen. Dündar lebt im deutschen Exil.

Atalay, der als Einziger noch in U-Haft saß, wurde jedoch unter Auflagen freigelassen. Das Urteil nach dem neunmonatigen Verfahren ist noch nicht rechtskräftig. Die Anwälte der Journalisten kündigten an, Einspruch einzulegen. Insgesamt waren 18 aktuelle und frühere Cumhuriyet-Mitarbeiter angeklagt.

Den Journalisten der Zeitung wird Unterstützung verschiedener Terrororganisationen vorgeworfen - insbesondere der Gülen-Bewegung, der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und der linksextremen DHKP-C. Die türkische Regierung macht den im Exil in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt der EU-Beitrittskandidat Türkei auf Platz 155 von 180 Ländern. Dutzende Journalisten sind im Gefängnis.

Nach dem Putschversuch 2016 waren zahlreiche Gülen-nahe Medien mithilfe von Notstandsdekreten geschlossen, ein Großteil der Cumhuriyet-Mitarbeiter bei Razzien Ende 2016 festgenommen worden. Die Gülen-Bewegung ist in der Türkei als Terrororganisation eingestuft. Kritiker werfen der türkischen Regierung vor, Druck auf Medien auszuüben und deren Unabhängigkeit zu untergraben. Erdoğan hat dagegen erst im Januar wieder erklärt, sein Land sei Vorreiter in Sachen Pressefreiheit.

© SZ.de/AFP/dpa/fie - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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