Polen:Ein Gesetz als Last

Das Holocaust-Gesetz wirkt in rasender Geschwindigkeit.

Von Stefan Kornelius

Jarosław Kaczyński hat gesprochen, damit sind die Dinge geklärt. Der Vorsitzende der polnischen Regierungspartei Pis wünschte die Unterzeichnung des Holocaust-Gesetzes. Dem ist nun Staatspräsident Andrzej Duda nachgekommen. Vielleicht wird der Verfassungsgerichtshof noch interpretatorische Leitplanken einfügen, aber die wahre Wirkung dieses Gesetzes konnte Duda durchs Fenster seines Amtssitzes beobachten: Dort skandierte ein rechter Mob, der Präsident möge seine Jarmuke (Kippa) abnehmen und endlich zur Feder greifen.

Das neue Holocaust-Gesetz in Polen belegt mit Strafen, wer von "polnischen Konzentrationslagern" spricht (obwohl es natürlich deutsche waren, die unter der Besatzung auf polnischem Boden errichtet wurden), oder wer "öffentlich und entgegen den Fakten" dem polnischen Volk oder Staat die Mitverantwortung für die Verbrechen der Nazis zuschreibt. Dieser Gesetzesteil ist interpretationsfähig, weil es ja den Fakten entspricht, dass Polen bei den Gräueltaten geholfen haben.

Abgesehen davon, dass Geschichte nicht per Verordnung verstanden wird, wirkt das Gesetz in atemberaubender Geschwindigkeit: bei den Rechtsradikalen auf der Straße oder im Konflikt mit der israelischen Regierung (deren entsandter und von Warschau wieder ausgeladener Minister Bennett durchaus selbst den historisch-ideologischen Streit sucht). Die USA warnen, das Verhältnis mit den Nachbarn ist schwer belastet. Kann Kaczyński das alles wollen?

© SZ vom 07.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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