Philippinen:Das Kriegsrecht kehrt zurück

Lesezeit: 2 min

Ein Soldat kontrolliert einen Passanten in der Stadt Marawi auf Mindanao. (Foto: Bullit Marquez/AP)

Das philippinische Militär rückt auf Mindanao gegen den IS vor. Präsident Duterte hält die Gefahr für so groß, dass er das Kriegsrecht verhängt.

Von Arne Perras, Singapur

Eigentlich wollte Rodrigo Duterte fast eine Woche in Moskau verbringen. Dort regiert Wladimir Putin, den der philippinische Präsident als "Lieblingshelden" verehrt. Die Russen umgarnt Duterte als seine neuen Freunde, seitdem er von Amerika abgerückt ist. Doch dann wurde es in Moskau plötzlich hektisch, das Treffen zwischen Duterte und Putin wurde um zwei Tage vorgezogen. Und kaum hatten die beiden miteinander geredet, war der Philippiner auch schon verschwunden. Er werde Zuhause dringend gebraucht, sagte sein Sprecher. Im Süden der Philippinen waren heftige Kämpfe ausgebrochen. Der Staatschef hält sie für so bedrohlich, dass er das Kriegsrecht über die Insel Mindanao verhängt hat.

Duterte rechtfertigt den Schritt damit, dass er Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates (IS) auf den Philippinen besiegen müsse. Mehrere islamistische Gruppen haben der Terrormiliz in Nahost Gefolgschaft geschworen. "Ich denke, der IS hat sich inzwischen auch auf Luzon festgesetzt", sagte Duterte. Er sprach also von der Hauptinsel im Norden, wo auch der Regierungssitz Manila liegt. Wenn er Recht hat mit dieser Einschätzung, dann rückt die Gefahr nahe ans Zentrum der Macht heran. In der Region wächst die Sorge, dem IS könnte es gelingen, einen Brückenkopf in der wirtschaftlich blühenden Region Südostasien aufzubauen und von dort aus die umliegenden Staaten zu destabilisieren. Dass sich islamistische Zellen im philippinischen Staat verbreiten, der überwiegend katholisch geprägt ist, dient Duterte auch als Argument für eine mögliche Ausweitung des Kriegsrechts auf den gesamten Staat. Einen solchen Schritt hat er in Aussicht gestellt. Duterte weiß, dass er damit viel Popularität verspielen kann. Denn die Älteren erinnern sich noch an Ferdinand Marcos, der das Kriegsrecht nutzte, um seine Macht als Diktator zu sichern.

Solche Zeiten wollen viele Philippiner nicht noch mal erleben, auch wenn sie Angst vor islamistischen Extremisten haben. Deren Aktionsradius weitet sich aus, ein Kommando der Gruppe Abu Sayyaf hatte erst vor wenigen Wochen versucht, Touristen auf der Insel Bohol zu entführen, die Armee konnte das gerade noch verhindern. Und in diesen Tagen nun ist die Gewalt in der Stadt Marawi auf Mindanao eskaliert. Tausende Zivilisten flohen, um nicht zwischen die Fronten zu geraten. Das Militär hatte zunächst versucht, ein Versteck der Islamisten auszuheben, wurde aber vom Ausmaß der Gegenwehr überrascht. Die Extremisten, die der sogenannten Maute-Gruppe angehören, brannten Häuser nieder, entführten christliche Bewohner und eroberten mehrere Stadtteile. Auch am dritten Tag seit Beginn der Kämpfe waren sie nicht besiegt, die Armee flog am Donnerstag Luftangriffe auf die Viertel, wo sich die Extremisten verschanzten. Die Maute-Miliz ist eine von vielen bewaffneten Gruppen auf Mindanao, sie bekennt sich zum IS. In einer Mitteilung des IS-nahen Medienkanals Amaq war von einer "groß angelegten Offensive" gegen philippinische Truppen die Rede. Ein Sprecher der Armee sagte, man sei überrascht worden von der Beweglichkeit des Feindes.

Dutertes politische Gegner fürchten unterdessen, dass der Präsident das Kriegsrecht nicht nur gegen Terrorgruppen nutzen könnte, sondern auch, um demokratische oppositionelle Kräfte auszuschalten, die sich etwa gegen seinen Anti-Drogen-Krieg stemmen. Die Menschenjagd in Manila hatte Kritik in Washington provoziert, die Verstimmungen machen sich nun Chinesen und Russen zu Nutze. Weil die Amerikaner die Lieferung von Gewehren an die philippinische Polizei stoppten, sucht Duterte nach neuen Lieferanten, etwa in Moskau. Er brauche Präzisionswaffen gegen die Terroristen, sagte Duterte. Moskaus Diplomaten hatten in Manila schon längst den Lockruf ausgesprochen: "Russland hat alles, was ihr braucht."

© SZ vom 26.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: