Parteiprogramm und Wahlkampf:Wolkiger Politikersprech

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Die Wahlkampfprogramme auf einen Blick? Bitte sehr: Ein Österreicher hat die Parteiprogramme in Schlagwortwolken abgebildet - mit erstaunlichen Ergebnissen.

Politiker treten oft vor den Medien als Phrasen-Gießkanne auf. Vor allem in Wahlkampfzeiten kann man das fast täglich im Fernsehen beobachten, wo Politiker in den vielen politischen Talkshows die Kameras mit Platitüden und abgegriffenen Floskeln füttern. Im seichten Phrasenpool - hier fühlen sich Politiker wohl.

Parteiprogramme in Bildern
:"Bürger" vs. "Menschen"

Die Parteiprogramme in Tag-Clouds.

Wer genauer wissen möchte, was die Parteien so zu bieten haben, der riskiert ein Blick in das Parteiprogramm. Riskiert wohlgemerkt, denn das Wahlprogramm einer deutschen Parteien ist im Schnitt 98 Seiten dick. Auch wenn Parteiprogramme oftmals die Zeit des Wahlkampfs nicht überdauern und nach der Wahl meist obsolet sind: Wer sich einen groben Überblick über das Programm verschaffen möchte, ist oftmals überfordert. Viele blicken wörtlich nicht durch.

Eine Schlagwortwolke - eine sogenannte Tagcloud - macht es jetzt möglich, sich einen kurzen Überblick über das Wahlprogramm einer Partei zu verschaffen. Max Kossatz, ein politikinteressierter Österreicher, hat sich dazu im Internet die Parteiprogramme von den entsprechenden Webseiten der Parteien als PDF-Datei besorgt. Und den Tagcloud-Generator wordle.net damit gefüttert. Eine Schlagwortwolke führt normalerweise die am meisten vorkommenden Begriffe in Blogs auf.

Die großen Parteien klassisch, selbstreferentiell die FDP

Herausgekommen ist ein Abbild der am häufigsten vorkommenden Wörter in den Parteiprogrammen. Bei den großen Parteien CDU und SPD dominieren die für sie charakteristischen Begriffe. "Deutschland" bei der CDU, "Arbeit" bei der SPD. Die FDP pflegt eine sehr selbstreferentielle Wortwahl: "FDP" ist mit Abstand der am meisten vorkommende Begriff im Parteiprogramm der Liberalen.

Während die Grünen ihr Programm mit "Menschen" voll haben, hängt bei den Linken irgendwie alles mit "Gesellschaft" zusammen. Max Kossatz hat den Tagcloud-Generator auch mit dem Parteiprogramm der Piratenpartei (26 Seiten lang) gefüttert: Klar dominieren hier die bürgerrechtlichen Themen.

Auf den ersten Blick bekommt man einen Eindruck davon, wie unterschiedlich die Parteien verschiedene Themen besetzen. Allein schon der Unterschied zwischen der Piratenpartei und den anderen großen Parteien ist aufschlussreich: Die aufstrebende Partei des Internets benutzt den Begriff "Bürger" öfter als die klassischen Parteien, die lieber vom "Menschen" sprechen. Solche Unterschiede deuten klar auf ein differierendes Bild des Wählers hin, welches sich die Parteien machen.

Kossatz, der in Wien wohnt und Marktanalyse für Blogs betreibt, wollte sich einen Überblick verschaffen, vor allem bei der Linkspartei und der Piratenpartei, "da es ja beide Parteien in Österreich nicht gibt". Seine Idee ist daheim trotzdem schon kopiert worden: Die Grünen im oberösterreichischen Gmunden, wo im Herbst Wahlen anstehen, haben es Max Kossatz gleich nachgemacht - und ihr eigenes Parteiprogramm in Form einer Tagcloud angeboten.

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