Papandreou stellt Vertrauensfrage im Parlament:Griechische Tragödie, nächster Akt

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Es ist der entscheidende Tag für die politische Zukunft von Griechenlands Premier Papandreou: Im Parlament stellt er heute die Vertrauensfrage. Die Sozialisten haben nur mehr eine hauchdünne Mehrheit von zwei Sitzen. Am Vortag erklärte Papandreou seinen Verzicht auf die umstrittenen Referendumspläne, zudem deutete er seine Bereitschaft zum Rücktritt an. Die Bundesregierung bleibt hart - sie fordert "Taten statt Worte".

Für Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou geht es an diesem Freitag ums politische Überleben. Er will sich nach bisherigen Plänen am Abend im Parlament in Athen einer Vertrauensabstimmung stellen. Bis zuletzt war offen, ob der Regierungschef das Votum übersteht.

Am Vortag hatte sich die innenpolitische Krise in Athen immer weiter zugespitzt, nachdem Papandreou seine umstrittenen Referendumspläne über Milliardenhilfen und den dafür nötigen Sparkurs abgesagt hatte. Fast stündlich änderten sich am Vortag die Meldungen.

Zunächst schien der Versuch Papandreous durch den Verzicht auf die Volksabstimmung die innenpolitische Krise zu entschärfen, Wirkung zu zeigen. Der angeschlagene Sozialist und die verfeindete konservative Opposition gingen nach monatelangem Streit aufeinander zu, um eine Übergangsregierung zu bilden. Am Abend kam aber dann der nächste Rückschlag: Oppositionschef Antonis Samaras forderte im Parlament den Rücktritt Papandreous, seine konservative Nea Dimokratia (ND) verließ geschlossen den Raum.

Der Regierungschef signalisierte dann am Abend unter bestimmten Umständen seine Bereitschaft zum Rückzug. "Ich klebe nicht an irgendeinem Stuhl", sagte er im Parlament. "Ich will nicht unbedingt wieder gewählt werden." Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf Regierungskreise von einem Szenario, wonach möglicherweise die sozialistische Regierungspartei Pasok ihren Premier opfern will, um sich anschließend die Macht mit der Opposition teilen zu können. Demnach soll Papandreou eine Koalition mit der konservativen ND schmieden und anschließend seinen Hut nehmen.

Dem Bericht zufolge handelten mehrere Minister des Kabinetts Papandreou diese Vereinbarung unter Führung von Finanminister Evangelos Venizelos aus. Die Minister sollten Papandreou helfen, die Vertrauensabstimmung zu gewinnen. Im Gegenzug sei er zum Abgang bereit und wolle Platz für eine Koalitionsregierung mit der Neuen Demokratie machen.

Doch ob sich die Opposition auf dieses Angebot einlässt, ist offen. Denn am Vortag zeichnete sich ab, dass die ND gänzlich andere Vorstellungen bezüglich einer möglichen Übergangsregierung hat als Premier Papandreou. So setzt sie sich für eine Übergangslösung von nur wenigen Wochen und für zügige Neuwahlen ein. Diese könnten Berichten zufolge bereits im Dezember stattfinden. Zudem solle die Übergangsregierung nicht aus Politikern bestehen, sondern aus Fachleuten.

Die sozialistische Partei von Premier Papandreou hingegen hofft auf eine gemeinsame Koalition mit der oppositionellen ND. Diese solle das Land noch mehrere Monate führen, bis dann Neuwahlen angesetzt werden. Papandreou hatte sich am Vortag vehement gegen schnelle Neuwahlen ausgesprochen. Dies sei zum jetzigen Zeitpunkt der falsche Weg. Papandreou warf Samaras vor, Forderungen zu stellen, die nicht sofort umsetzbar seien. Das Land könne nicht so einfach auf Anhieb ohne Regierung bleiben.

Der griechische Premier hat im Parlament nur noch eine hauchdünne Mehrheit von zwei Stimmen. Sollte Papandreou die Vertrauensabstimmung an diesem Freitag verlieren, würde es Sondierungsgespräche unter der Regie von Staatspräsident Karolos Papoulias geben - mit dem Ziel, eine neue Regierung zu bilden. Binnen 30 Tagen müssen dann Wahlen stattfinden.

Papandreou forderte die Abgeordneten seiner sozialistischen Fraktion auf, ihm am Freitagabend das Vertrauen auszusprechen, damit er weiter für die Bildung einer Übergangsregierung arbeiten könne. Papandreou allerdings hat im Parlament wegen einer zunehmenden Zahl an Abweichlern keine Mehrheit mehr. Sollte Papandreou die Vertrauensabstimmung verlieren, müssen binnen 30 Tagen Wahlen stattfinden.

Trotz der Ankündigung des griechischen Regierungschefs, auf das umstrittene Referendum verzichten zu wollen, bleiben die Euro-Länder skeptisch. Kanzlerin Angela Merkel erklärte am Rande des G-20-Gipfels in Cannes: "Für uns zählen Taten." Es bleibe dabei, dass es weitere Zahlungen an Griechenland erst geben werde, wenn das Land dem europäischen Hilfspaket mit all seinen Auflagen zugestimmt habe.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte von Athen eine "verlässliche Entscheidung" zum Verbleib in der Eurozone. In den ARD-Tagesthemen sagte er, die verabredeten Maßnahmen, die Griechenland erfüllen müsse, könnten nicht nachgebessert werden. Griechenland müsse zur Umsetzung bereit sein. Wie es die Entscheidung treffe, ob durch Wahlen oder ein Referendum sei "Sache des griechischen Volkes". Falls Athen die Beschlüsse der Euro-Staats- und Regierungschefs nicht umsetze, müsse ein Weg gefunden werden, um die "Ansteckungsgefahr" für den Euro als Ganzen zu vermeiden.

"Euro-Gipfel" mit Obama in Cannes

Die Griechenland-Krise dürfte auch am zweiten Tag das Treffen der führenden Industriestaaten der Welt (G20) in Cannes maßgeblich überlagern: Spitzenvertreter der Eurozone haben sich in der Nacht zum Freitag in Cannes mit US-Präsident Barack Obama und US-Finanzminister Timothy Geithner getroffen. Am Rande der Beratungen der größten Industrie- und Schwellenländer (G20) ging es dem Vernehmen nach um eine größere Ausleihkapazität des Internationalen Währungsfonds (IWF). Der Fonds ist eine Art Finanzfeuerwehr, die auch Staaten hilft.

Ein weiteres Thema war nach Angaben aus den Delegationen die bereits beschlossene Stärkung des europäischen Krisenfonds für klamme Eurostaaten EFSF. Bei einem der Hebelmodelle zur Steigerung der Ausleihkapazität soll der IWF beteiligt werden. Die Schlagkraft des Fonds soll mit dem Kredithebel auf rund eine Billion Euro ausgeweitet werden.

Von europäischer Seite nahmen unter anderen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi teil. Auch Spitzenvertreter der EU-Institutionen saßen am Tisch, unter ihnen der frischgebackene Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. Experten sprachen von Fortschritten, aber nicht von Entscheidungen.

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