Opposition geißelt Koalitionsvertrag:Gysi nennt Schwarz-Rot Fortsetzung von Schwarz-Gelb

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Gregor Gysi, Frakionsvorsitzender von Die Linke, erkennt keinen Unterschied zwischen Schwarz-Rot und Schwarz-Gelb. (Foto: dpa)

Sozial spaltend, zukunftsvergessen, darauf aus, einen Überwachungsstaat aufzubauen: Mit harschen Worten geißelt die Opposition Union und SPD für ihr Regierungsprogramm. CDU-Veteran Heiner Geißler warnt seine Parteifreunde derweil, über das Erreichte zu jubeln - und verweist auf die SPD-Basis.

Mit starken Worten haben die Oppositionsparteien den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD kritisiert.

Der Oppositionsführer im Bundestag, Gregor Gysi, erwartet "konservativen Stillstand mit einer zunehmenden sozialen Spaltung" als Ergebnis der großen Koalition. In einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung sagte Gysi: "Die Koalition von CDU/CSU und SPD setzt im Kern die Politik von Schwarz-Gelb fort, ergänzt um Sonderwünsche von Horst Seehofer." Großkonzerne und Unternehmerlobby "haben dieser Koalition ihren Stempel schon jetzt aufgedrückt, bevor sie zu regieren beginnt". Er sei gespannt, wie die SPD-Basis damit umgehen werde, "dass ihr Wahlprogramm sich bestenfalls als Randnotiz wiederfindet".

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kritisierte Union und SPD, in ihrem Koalitionsvertrag keine Antworten auf die großen Herausforderungen der Zukunft zu geben. Hofreiter nannte die Bereiche Klimaschutz und Energiewende. Anstelle der CO2-Emissionen werde jetzt der Ausbau der Erneuerbaren Energien gedeckelt, sagte Hofreiter der Neuen Osnabrücker Zeitung. Das sei eine Absage an den Klimaschutz, an neue Arbeitsplätze und an eine deutsche Vorreiterrolle bei umweltfreundlichen Produkten.

"Die Große Koalition entpuppt sich als Bündnis der Zukunftsvergessenen", kritisierte der Grünen-Politiker. Auch bei Zukunftsinvestitionen in Bildung, Betreuung und in die öffentliche Infrastruktur herrsche leider Fehlanzeige. "Während ein großes Rentenpaket geschnürt und trickreich finanziert wird, floppt die Große Koalition beim Kampf gegen Kinderarmut".

"Anschlag auf die Privatheit der Bürger"

Auch die bisherige Regierungspartei, die nicht mehr im Bundestag vertretene FDP, kritisierte den Koalitionsvertrag harsch. Der designierte Parteichef Christian Lindner warf Schwarz-Rot im selben Blatt vor, in den kommenden Jahren einen umfassenden Überwachungsstaat aufbauen zu wollen. Der Koalitionsvertrag bleibe in weiten Teilen vage, sei bei Plänen zur Bespitzelung der Bürgerinnen und Bürger aber umso konkreter. "Ausbau der Videoüberwachung und Einsetzung der Vorratsdatenspeicherung - die Bürgerrechte werden von Union und SPD für mehr Überwachung und mehr Datensammlung eingedampft", sagte Lindner. Die "hemmungslose Ausweitung der Staatsbefugnisse" nannte er einen "Anschlag auf die Privatheit der Bürgerinnen und Bürger." Man habe den Eindruck, "als wäre die NSA-Debatte komplett an Union und SPD vorbeigegangen", sagte Lindner, FDP-Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen ist und Anfang Dezember für das Amt des Bundesvorsitzenden kandidiert.

Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler warnte seine Parteifreunde davor, den Koalitionsvertrag mit der SPD öffentlich als Sieg darzustellen. Geißler sagte der Leipziger Volkszeitung: "Die CDU-Leute müssen jetzt verhindern, dass die SPD zusätzliche Schwierigkeiten durch solche Äußerungen bekommt für ihre Mitgliederabstimmung. Das ist einfach unklug." Außerdem sei es objektiv auch nicht richtig.

Zugleich äußerte Geißler die Erwartung, dass die große Koalition das Prinzip der Fraktionsdisziplin bei Abstimmungen nicht werde durchhalten können. "Wir werden eine relativ lebendige Diskussion bekommen." Dafür werde schon die reale Opposition mit ihren Anträgen sorgen. "Außerdem bin ich fest davon überzeugt, dass die Fraktionsdisziplin nicht hundertprozentig und stur eingehalten werden kann."

Geißler verteidigte auch Angela Merkel gegen den Vorwurf der Sozialdemokratisierung. "Man könnte mit demselben Recht von einer Christdemokratisierung der SPD reden". Es sei nicht schlecht, wenn es in großen gesellschaftlichen Fragen Konsens gebe. "Das muss man nicht immer gleich parteipolitisch etikettieren."

Von der großen Koalition gehe im Übrigen seiner Meinung nach das positive Signal aus, dass entscheidende Folgen der Agenda 2010 beseitigt würden. "Mit dem vereinbarten Mindestlohn und der dadurch zumindest ab 2015 auch veränderten Lage bei den Minijobs können die entscheidenden Fehler der Agenda 2010 beseitigt werden."

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