Kindesmissbrauch:Zahl der Missbrauchsopfer in Deutschland gesunken

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Die Zahl der Missbrauchsfälle gegen Kinder ist im Vergleich zu 2007 zurückgegangen. (Foto: Nicolas Armer/dpa)
  • Die Anzahl der Kinder, die in Deutschland sexuell missbraucht werden, ist in den vergangenen Jahren zurück gegangen.
  • Experten nach liegt das auch daran, weil Eltern heute schneller Hilfe holen als noch vor zehn Jahren.
  • Die Menge an kinderpornografischem Material im Internet hat dennoch zugenommen.

Von Roland Preuß

Man kann das Ausmaß des Problems erahnen, wenn man die Statistik der Ermittler herunterbricht auf 24 Stunden: Jeden Tag werden in Deutschland 44 Kinder - also Mädchen und Jungen unter 14 Jahren - sexuell missbraucht, vergewaltigt oder zu etwas genötigt, das in aller Regel tiefe Spuren hinterlässt. Nach den neusten Daten des Bundeskriminalamtes registrierte die Polizei 2016 fast 16 000 Opfer solcher sexueller Gewalt. Das ist erschreckend viel, aber etwas weniger als noch im Jahr 2007 (siehe Grafik). Die positive Entwicklung kann verschiedene Ursachen haben, gezählt werden nur Taten, die auch bei der Polizei angezeigt werden. Aber viel spricht dafür, dass dies einen realen Trend abbildet.

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Nachdem Medien in den vergangenen Jahren Kindesmissbrauch, nicht nur in der Kirche, immer wieder zum Thema gemacht haben und sexuelle Gewalt auch in Schulen häufiger behandelt wird, dürfte die Sensibilität gestiegen sein. Forscher gehen davon aus, dass Eltern, Lehrer oder Nachbarn heute sensibler reagieren, schneller Hilfsorganisationen oder die Polizei einschalten, wenn ihnen etwas auffällt. Sprich, dass Taten häufiger angezeigt werden. Umso erfreulicher ist es, wenn auch die offizielle Zahl der Opfer zurückgeht.

Zudem gibt es weitere Hinweise, dass Kinder seltener Opfer von Sexualstraftätern werden als früher. Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen befragte 2011 fast 11 500 Bürger zwischen 16 und 40 Jahren zu sexuellen Misshandlungen in ihrer Kindheit - und kam zu einem klaren Ergebnis: Je jünger die Befragten, desto seltener hatten sie Missbrauch erfahren müssen. In den vergangenen Jahrzehnten ist der Missbrauch mit Körperkontakt (also ohne etwa Exhibitionismus) demnach um mehr als zwei Drittel zurückgegangen. Während gleichzeitig die Bereitschaft der Opfer, das Verbrechen anzuzeigen, beträchtlich gestiegen ist. Doch immer noch, schreiben die Kriminologen, schweigen mehr als drei Viertel von ihnen.

Wenn das stimmt, stehen sich zwei Entwicklungen gegenüber. Das Zurschaustellen von sexuellem Kindesmissbrauch im Internet hat nach allen Schätzungen rapide zugenommen, die Menge an kinderpornografischen Filmen und Bildern, die dort produziert, getauscht oder gehandelt werden, ist mit jedem Jahr gewachsen. Auf genaue Zahlen mag sich niemand festlegen. Weil Strafanzeigen in diesem Bereich kaum vorkommen, zeigt die Polizeiliche Kriminalstatistik höchstens einen kleinen Ausschnitt der dynamischen Entwicklung. Jenseits dieses Bereichs hingegen scheinen derartige Verbrechen gegen Kinder zumindest in Deutschland seltener zu werden.

© SZ vom 22.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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