Öffentlicher Dienst:Beamten-Bashing leicht gemacht

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Eine Bertelsmann-Studie verlangt das Ende der staatlichen Beihilfe für Beamte. Kleiner Fehler: Nach Adam Riese geht die Rechnung dieses Papiers nicht auf.

Von Detlef Esslinger

Auch bei der Bertelsmann-Stiftung verstehen sie etwas von Timing. Eine Anti-Beamten-Studie findet zwar immer Aufmerksamkeit; besonders groß gerät die aber dann, wenn man sie aus Anlass der Jahrestagung des Beamtenbundes auf den Markt bringt. Und genau darum handelt es sich bei dem Papier, welches die Abschaffung der Beihilfen verlangt: um eine Anti-Beamten-Studie.

Die Beihilfen sichern die Staatsdiener unter anderem im Falle von Krankheit und Pflege ab. Die allermeisten Beamten sind privat krankenversichert. Indem der Staat ihnen Beihilfen zahlt, übernimmt er jeweils 50 bis 70 Prozent ihrer Krankheitskosten, weshalb die Versicherungen Beamten niedrige Tarife anbieten können. Natürlich bedeutet dies ein Privileg; so wie es ein Privileg ist, sich im Alter auf eine Pension verlassen zu können, für die man selber kaum je Beiträge einzahlen musste.

Aber genau das ist ja der Deal, den der Staat mit seinen Beamten abschließt: Diese verzichten aufs Streikrecht und in der Regel auch darauf, den Job zu wechseln, wenn ihnen der ihrige nicht mehr passt. Im Gegenzug alimentiert der Staat sie: durch Besoldung, durch Versorgung im Alter und eben durch Beihilfen. Mehrere Säulen sind das. Man soll gerne darüber streiten, ob alles genau so bleiben muss, wie es immer war. Es ist okay, dass viele Beamte inzwischen mehr Stunden pro Woche ableisten müssen als Angestellte, und es schmückt den Beamtenbund nicht, wenn er Ungleichbehandlung immer nur so lange gut findet, wie sie seine Klientel besserstellt als normale Arbeitnehmer - und sie immer dann für respektlos erklärt, wenn sie sich in einer kleinen Zumutung äußert. Mehr ist es ja nicht, wenn etwa die Beamten des Bundes eine Wochenarbeitszeit von 41 Stunden haben, während für Angestellte nach 39 Stunden Schluss ist. Als ob an den zwei Stunden die Würde des Amtsrats hinge.

Die Bertelsmann-Studie zur Beihilfe rechnet falsch

Doch die Bertelsmann-Stiftung belässt es ja nicht dabei, Änderungen innerhalb des Systems der Beihilfe vorzuschlagen, sondern sie stellt die Beihilfe als solche in Frage. Die Rechenmethoden ihrer Autoren werfen mehr Fragen auf, als dass sie Antworten geben. Sie suggerieren, der Staat spare viel Geld, wenn seine Beamten künftig der gesetzlichen Krankenversicherung überantwortet würden. Sie berücksichtigen aber nicht, dass sodann der Staat die Bezüge all dieser Beamten deutlich erhöhen müsste, damit die ihren Anteil an der Krankenkasse bezahlen könnten. Alles andere würde jedenfalls eine drastische Kürzung des Netto-Einkommens bedeuten.

Die Rechenmethoden sind aber nur das eine. Ein paar Variablen vergessen kann ja jeder mal. Das andere ist, dass die Autoren die Beihilfe, diese Säule, grundsätzlich abschaffen wollen. Wer das indes tut, wer sich zudem um das Netto-Einkommen der Beamten nicht schert, der stellt deren Alimentation und damit das Beamtentum als solches infrage. Das kann man ja verlangen. Das wäre ja nicht per se unredlich. Nur sollte man auch die Courage haben, dies offen zu sagen. Oder ging es hier bloß um billiges Beamten-Bashing?

© SZ vom 11.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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